Fehlersuche am Vergaser
oder wie man Symptome richtig deutet!

Kaum ein Bauteil am Motor ist so komplex und arbeitet dennoch so zuverlässig wie der Vergaser. Doch was ist zu tun, wenn die Gasfabrik Probleme bereitet? Hier habe ich einige grundlegende Informationen aus den anderen Artikeln zusammengefasst, um Euch einen Überblick bei der Fehlersuche zu geben. 

Fangen wir bei den grundlegenden Dingen an. Bevor hektisch repariert wird, sollte man das Zündkerzenbild prüfen, denn es gibt Hinweise auf viele Problemchen.

Spritmangel oder -überschuss
ist mit Abstand der häufigste Mangel und lässt sich relativ leicht beheben. Er äußert sich durch unrunden Motorlauf, Vergaserpatschen, Knallgeräusche im Auspuff oder im Vergaser sowie durch plötzliches Absterben des Motors. Ist Kraftstoff im Tank und der Benzinhahn auf der richtigen Stellung, muss weiter nach den Ursachen geforscht werden. Hast Du geprüft, ob am Vergaser genügend Lebenssaft ankommt?
Ganz besonders tritt das ein, wenn ein zu kleiner Benzinhahn nachgerüstet oder ein zusätzlicher Kraftstofffilter eingebaut wurde, die Spritleitung einen zu kleinen Durchmesser hat oder total unmöglich verlegt wurde.
Verdächtig sind grundsätzlich alle Bauteile, die zu einem Mangel oder Überschuss an Benzin führen, also verschmutzte Vergaser, verstopfte Kraftstofffilter oder Luftfilter, ein defekter Benzinhahn oder Tankdeckel, undichte Ansaugflansche oder Unterdruckschläuche, defekte Vergasermembranen.

Vergasereinstellung und -abstimmung
Ich empfehle zunächst, etwas über die Funktion der Vergaser am Beispiel der BS-Serie nachzulesen. Wenn Ihr das verstanden habt, könnt Ihr viele Symptome besser deuten. Als nächstes sollte man alle Einstellungen sorgfältig durchführen, also die Einstellung des Gemischs und die Vergasersynchronisation.
   

Schlechter Leerlauf
Tuckert Eure Suzuki bei Standgas nicht brav vor sich hin, versucht es zunächst mit einer korrekten Einstellung des Leerlaufs. Kommt Ihr so nicht weiter, stimmt etwas mit der Gemischaufbereitung nicht, d.h. es sind Düsen oder Leitungen verstopft. Vielleicht wurde die Bedüsung auch geändert oder Düsen haben sich schlicht gelockert.
Mit einer mageren Abstimmung braucht der Motor beim Gaswegnehmen lange, um wieder auf die Leerlaufdrehzahl herunter zu kommen. Auch wenn der Motor Nebenluft zieht, kommt das vor.
Ein Indiz für eine fette Abstimmung ist, dass man den Choke bei niedrigen Außentemperaturen sehr schnell zurücknehmen kann und der Motor läuft dennoch rund. Wird der Motor aber warm, läuft er bei Leerlaufdrehzahl schlechter.
Alle Einstellungen wirken übrigens in den Bereich der Teillast und zu einem sehr kleinen Teil auch in den Volllast-Betrieb hinein.
   
Probleme bei Teillast
Die Teillast wird im Wesentlichen durch die Düsennadeln, die am Schieber befestigt sind und deren Stellung bestimmt. 

Eine zu fette Einstellung hat zur Folge, dass der Motor zunächst spontan reagiert, aber dann eher träge beim weiteren Gasgeben.
Bei einer mageren Einstellung reagiert der Motor erst verzögert und dann auf einmal sehr hart, also "wie vom Hafer gestochen". Oft wird das "harte" Einsetzen der Leistung mit viel Spiel im Antriebsstrang verwechselt. Es fühlt und hört sich so tatsächlich ähnlich an.
Bei der Konstantfahrt kann es übrigens auch zu Ruckeln kommen.
Müssen Düsennadeln getauscht werden, wendet man sich am besten direkt an einen Fachmann. Der kennt alle Bezeichnungen der Düsennadeln, hat eine entsprechende Referenzliste oder genügend Erfahrung.

   
Leistungsmangel bei Volllast
Die Volllast wird durch die Hauptdüse und die Luftdüse (ganz links) bestimmt. Passt das Zusammenspiel der vielen Schieber, Düsen und Nadeln perfekt, könnt Ihr die Pferdchen jetzt richtig laufen lassen.

Bei falscher Abstimmung können ähnliche Symptome wie im Teillastbetrieb auftreten - nur eben bei höheren Drehzahlen und weiter geöffneter Drosselklappe.
Hat man zu mager bedüst (also zu kleine Hauptdüsen gewählt), reagiert der Motor bei Vollgas verzögert und bei hoher Drehzahl mit einem fühlbaren Leistungseinbruch.
Wiederum reagiert der Motor bei zu fetter Einstellung (also zu groß gewählte Hauptdüsen) beim vollen Öffnen des Schiebers bzw. der Drosselklappe erst spontan, dann eher träge, oft gefolgt von einer "ruckeligen" Leistungsentfaltung.

Wurden die Hauptdüsen viel zu groß gewählt, reagiert der Motor auf dem letzten Viertel der Öffnung des Schiebers bzw. Klappe mit einer Leistungsverweigerung.
Wurde die Luftdüse zu groß gewählt, magert das Gemisch ab, eine zu kleine Luftdüse wird das Gemisch anfetten. Keine Probleme gibt es im mittleren und niedrigen Drehzahlbereich.
Da kommen viele ins Grübeln. Daher ein Kurztipp: Läuft der Motor bei Vollgas sehr gut und etwas weiter unten überfettet, sollte man eine kleinere Hauptdüse und eine kleine Luftdüse probieren. Beim umgekehrten Verhalten greift man zur größeren Haupt- und Luftdüse.
   
Immer noch die alten Probleme?
Der gute alte Schwimmer meist viel zu wenig beachtet, denn ein korrekter Schwimmerstand - und zwar bei allen Vergasern - wirkt sich auf die gesamte Einstellung aus.
Ist der Schwimmerstand zu niedrig eingestellt, wird das Gemisch ganz langsam abmagern, mit den oben beschriebenen Symptomen des Spritmangels. Ein zu hoch eingestellter Schwimmer wird natürlich das Gemisch anfetten. Den korrekten Wert kann man in Werkstatt-Handbuch nachlesen oder beim Händler erfragen. Bei den GS-Modellen liegt er etwa 1-2mm unterhalb des Vergaserdeckels.
Die Einstellung kann entweder mit einem Messschieber erfolgen oder mittels eines Spezialwerkzeuges. es handelt sich dabei um einen Adapter, der an der Ablassschraube vom Vergaserdeckel angeschlossen wird. Der Adapter hat einen durchsichtigen Schlauch, durch den man den Kraftstoffstand direkt erkennen kann.
  
Für weitere Fehler im Betrieb hat Werner Jörg noch ein paar Tipps bereit.

Schlechte Gasannahme, Aussetzer, Endgeschwindigkeit wird nicht erreicht
Wenn die Vergaser- und Zündungseinstellung eigentlich stimmen und die Bedüsung und der Luftfilter nicht verändert wurden, ist man bei diesen diffusen Symptomen oft ratlos. 
Es könnte an sogenannter Falschluft liegen, wobei Luft am Vergaser vorbei direkt angesaugt wird. Si üblichen Verdächtigen sind ausgeschlagene Drosselklappenwellen, defekte Dichtungen zwischen Ansaugkrümmer und Zylinderkopf, poröse Gummi-Ansaugstutzen oder - ganz fies - ein der Metalleinsatz des Ansaugstutzens hat sich vom Gummi gelöst. Das ist bei eingebautem Vergaser nicht zu sehen.

Schlechtes Anspringen, Motor säuft leicht ab, Benzin läuft aus, Benzin im Öl
Bei den meisten japanischen Herstellern ist das Schwimmernadelventil nicht mehr eingeschraubt, sondern wird nur in eine Bohrung gesteckt. Im Laufe der Zeit schrumpft der O-Ring, der das Halten und Abdichten übernimmt und zuviel Kraftstoff gelangt in die Schwimmerkammer. Das Tausches des Ringes ist eine Kleinigkeit und behebt das Problem.
Startet der Motor - besonders im Winter - schlecht, kann auch das Choke-System verschmutzt sein. Bei Werners DR350 hatte sich Grünspan (!) angesetzt.

Motor stirbt beim Beschleunigen bzw. bei Vollgas ab 
Das ist besonders unangenehm, wenn man wie Werner nachts gerade einen LKW überholt hat. Hat man den Schreck verdaut, ist das Starten nach kurzer Zeit wieder problemlos möglich. Schiere Hinterlist des geliebten Zweirades? Nein, die Ursache kann sein, dass die Düsennadel und die Nadeldüse durch Kavitation verschlissen sind. Ein übler Defekt, der mit blosem Auge kaum sichtbar ist und nur durch den Austausch der betroffenen Teile repariert werden kann. Die Nadeldüse lässt sich übrigens durch eine passende Schraube aus dem Sitz herausziehen - einfach ein wenig probieren.

Lest hier mehr über die Fehlersuche und Instandhaltung sowie die Abstimmung von Vergasern.

Dieser größte Teil dieses Textes basiert auf einer Beschreibung von Schibi von der Website m-j-s-motorbox.de, der mir die freundliche Genehmigung gegeben hat, das Material zu verwenden.
© Michael (01.02.17 )    [Start]