Bunte Binder selbstgekocht

Von Beate Buckert

Sie sind lang, schmal und ungemein praktisch; sie haben ihren festen Stammplatz in jeder Schrauberhütte und selbst bei den Grün-Weißen finden sie Verwendung - zugegebenermaßen aufs gemeinste zweckentfremdet - denn ihre Reißfestigkeit taugt, um sie als Handschellen-Ersatz bei Großeinsätzen zu mißbrauchen. 
Die Rede ist von Kabelbindern, die normalerweise ihre Arbeit dort verrichten, wo es darum geht Kabelstränge und Leitungen zusammenzuhalten und zu befestigen. Und nicht immer lassen sich diese Arrangements, bei denen die kleinen Plastikstränge zum Einsatz kommen, hinter oder unter irgendwelchen Bauteilen am Bike verbergen. Hier und da lugen sie hervor, und wenn man's mal mit Verstand betrachtet, haben diese weiß-gelblichen Polyamidstreifen einen optischen Charme, der in der Nähe von bestimmten Körperflüssigkeiten anzusiedeln ist. Zugegeben, das stößt nicht jedem Schrauber bitter auf, aber für die Extremisten unter uns, deren besonderes Augenmerk auch schönen Detaillösungen gilt, kann dies der berühmt-berüchtigte Dorn im Auge sein.
Dabei gibt es eine recht simple Lösung, die hier Abhilfe schafft, nämlich die Eigenherstellung farbiger Kabelbinder. Und diese ist im Grunde genommen nicht viel schwieriger, als das Anrühren einer Instandsuppe. Die bunten Helferlein kann man zwar auch käuflich erwerben, aber sie sind verhältnismäßig teuer, und die Farbauswahl kann man als recht öde bezeichnen. Dem Hobbyfärber bietet sich eine wesentlich breitere Palette zum günstigeren Preis, und der Zeitaufwand beträgt nicht einmal eine halbe Stunde. Im Elektrofachhandel oder in Baumärkten kann man sortierte Packungen Kabelbinder zum Teil recht günstig erstehen, und das Färbemittel ist einfache Textilfarbe, die in den meisten Drogeriemärkten zu finden ist. Für ein 50er Pack Binder reichen 15 g Farbpulver (z.B. simplicol Textilfarbe für ca. 3,-DM) für ein ansehnliches Färbe-Ergebnis dicke aus. Einziger Wermutstropfen: die geliebte Arbeitsstätte Werkstatt muß kurzfristig gegen die Küche eingetauscht werden. Die ganze Aktion findet nämlich am Herd statt.
   

Und so einfach geht's: 
Ein ausreichend großer Topf wird mit soviel Wasser gefüllt, daß im Endeffekt die gewünschte Menge Kabelbinder gut mit Wasser bedeckt ist. Den Herd einschalten und das Wasser auf mindestens 60° C erhitzen (wir haben es einfach zum Kochen gebracht und einige Minuten auf kleinerer Flamme abkühlen lassen). Das Farbpulver einrühren bis sich sämtliche Klümpchen aufgelöst haben. Dann läßt man die Kabelbinder in den farbigen Sud gleiten. Den rustikalen Eintopf immer mal wieder vorsichtig umrühren, damit eine gleichmäßige Färbung entsteht. Etwas Vorsicht sollte man walten lassen; die kleinen Farbspritzer könnten sich ansonsten irgendwo verewigen, wo sie nicht hingehören. Es gibt keine Regel, wann die Kabelbinder aus der Suppe zu fischen sind. Man lässt sie, solange ziehen, bis der gewünschte Farbton erreicht ist. Hier bietet sich nämlich eine der Variationsmöglichkeiten, je länger man die Plastikwürstchen ziehen läßt, um so dunkler werden sie. 
   
Man prüft den Farbton am besten, indem man zwischendurch mal einen Binder rausfischt und auf weißes Küchenpapier legt. Ist man mit dem Farbergebnis zufrieden, wird der Spaß durch ein Sieb abgeschüttet, und gut mit Wasser abgespült, damit sich überschüssige Farbreste durch den Abfluß verabschieden können. Zum Schluß werden die farbigen Binder mit Küchenpapier trockengerieben, oder zum trocknen drauf ausgebreitet.
Noch ein Hinweis zu den Farben: man erhält selten den exakten Farbton, der auf der Textilfarbenpackung zu sehen ist, da Polyamid die Farbe doch anders annimmt als z.B. Baumwolle. 
   
Es ist ein bißchen Experimentierfreudigkeit gefragt, denn man kann auch mit der Menge des Farbpulvers variieren, und so heller oder dunkler färben. 
Vorsicht ist bei käuflichen Mischtönen geboten, unser Versuch orange Kabelbinder zu produzieren bescherte uns ein violettes Endergebnis. Also wer violette Kabelbinder braucht ...

Texte und Fotos Beate Buckert.  
Für die Veröffentlichung liegt mir die freundliche Genehmigung der Autorin vor.

Michael (21.03.04 )    [Start]