Nicht ganz dicht
Umgang mit Dichtungen, Teil 1

Michael Allner, Ulrich Schwab

Am Motorrad gibt es eine Vielzahl von Dichtungen. Wer die verschiedenen Formen richtig behandelt, dem bleibt so manche böse Überraschung erspart.

Dichtungen können unterschiedliche Formen haben, und viele davon werden oft vernachlässigt - nicht nur in der Schule. Wo der Schüler sich mit Stab-, Kreuz-, Schlag- und Schüttelreim plagt, kämpft der Motorradfahrer mit Profil- und Flachdichtungen, Rund - und Radialwellendichtringen.
Jede dieser Formen will mit besonderem Fingerspitzengefühl behandelt werden. Wo es an diesem, dem nötigen Know-how und der gebotenen Sorgfalt und Sauberkeit mangelt, da stellt sich das ein, was sicherlich jeder Motorradfahrer hasst: Das Motorrad ölt nach einer Reparatur immer heftiger, und die Arbeit beginnt von vorn.
Um dies zu vermeiden, sind nur wenige Kenntnisse über die verschiedenen Formen von Dichtungen und den Umgang mit ihnen vonnöten Die sollte der Motorradfahrer allerdings konsequent anwenden.

Bei den Bauformen kann man zunächst grob zwischen Bewegungsdichtungen und ruhenden Dichtungen unterscheiden. 
Zu den Bewegungsdichtungen gehören die Radial-Wellendichtringe und Runddichtringe, besser bekannt unter den Bezeichnungen Simmerringe und O-Ringe. Radial-Wellendichtringe haben eine Manschette aus einem öl- und alterungsbeständigen Kunststoff, meist aus Silikonkautschuk. Die Dichtlippen der Manschette werden leicht an die abzudichtende Welle angedrückt. Diese Dichtungen sind für große Gleitgeschwindigkeiten geeignet, sie befinden sich am Motorrad in der Gabel zur Abdichtung des Tauchrohrs sowie überall am Motor, wo drehende Wellen, wie zum Beispiel Sekundärwelle, Schaltwelle oder Antrieb zu Unterbrecherkontakten aus dem Motor herausgeführt werden.
Runddichtringe sind, wie der Name schon sagt, ringförmige Dichtungen aus weichen, dauerelastischen Kunststoffen. Sie werden sowohl an ruhenden Bauteilen wie kleineren Gehäusedeckeln als auch an wenig bewegten Teilen wie den Innereien eines Steuerkettenspanners eingesetzt.

Die meistverwendeten Dichtungen sind die sogenannten ruhenden Dichtungen. Hier muss der Motorradschrauber eigentlich nur die Flach- und Profildichtungen kennen. Profildichtungen dienen am Motorrad der Abdichtung zwischen Zylinderkopf und Auspuffkrümmer. Sie bestehen meist aus einer Kupferlegierung und sollten auf jeden Fall nur einmal verwendet werden, weil sie sich nach der ersten Benutzung bereits flachgedrückt und damit ihre Spannkraft verloren haben.
Flachdichtungen gibt es zunächst einmal aus ölgetränktem Papier, um große Gehäuseteile wie Ölwanne oder Kupplungsdeckel gegen austretendes Öl abzudichten. Dieses Papier ist auch als Bogen im Fachhandel in gestuften Größen von 0,25 bis drei Millimeter (Postkartendicke bis dicke Pappe) zu kaufen. Das Material verträgt Temperaturen bis zu 100 Grad.

Die thermisch hochbelastete Zylinderkopfdichtung zählt ebenfalls zu den Flachdichtungen, ist jedoch wesentlich komplizierter aufgebaut. Sie besteht meist aus sogenannten It-Werkstoffen, die sich aus einer Mischung von 60 bis 80 Prozent hitzebeständigem, aber sprödem Asbest und 8 bis 12 Prozent elastischem, aber nicht hitzefestem Kautschuk zusammensetzen, der Rest sind Füllstoffe. It-Dichtungen können bei Temperaturen bis zu 500 Grad eingesetzt werden. Da Asbest gesundheitsschädlich ist, wird dieses Material in den nächsten Jahren voraussichtlich durch eine Kevlar-Kautschuk-Mischung ersetzt werden. Zylinderkopfdichtungen besitzen oft innen und außen eine Metallumfassung, um innen den hohen Drucken widerstehen zu können und außen ein Wegpressen der Dichtung beim Anziehen der Zylinderkopfschrauben zu vermeiden. Oft sind sie graphitiert, damit sie nicht fest brennen, was sich trotzdem nicht immer verhindern lässt.

Mehr über Dichtungen erfahrt Ihr, wenn Ihr auf den Motorradfahrer klickt.

Text: Michael Allner  Fotos: Ulrich Schwab
Für die Veröffentlichung liegt mir die freundliche Genehmigung der Autoren und der Motor-Presse International vor.

Michael (26.08.12 )    [Start]