Bremsscheiben wechseln 

Nach einigen Jahren aufopferungsvoller Tätigkeit sind Bremsscheiben verschlissen und müssen getauscht werden. Wer weiterfährt, riskiert seine Gesundheit oder auch mehr, also darf man hier keine Kompromisse eingehen. 
Günstige Scheiben gibt es mit ABE beispielsweise von EBC oder Lucas. EBC-Scheiben sind oft nicht so hoch legiert und können gelegentlich etwas Rost ansetzen. Bei täglicher Nutzung fällt das aber nicht auf. 
Erinnern wir uns: Scheiben von MotoGuzzi rosteten zumindest früher serienmäßig!
Arbeiten an Bremselementen sind nichts für Anfänger und man sollte sie Fachleuten überlassen. Die folgenden Hinweise beschreiben nur das allgemeine Prinzip, richten sich an erfahrene Schrauber - und werden ausdrücklich ohne Gewähr gegeben. Die korrekten Arbeitsschritte sind in den SUZUKI-Wartungsanleitungen beschrieben, die man unbedingt beachten muss. Wer selbst an Bremsen arbeitet, tut dies immer auf eigene Gefahr.
   
Verschleiss prüfen
Der Verschleiss an Bremsscheiben kann leicht selbst gemessen werden. Man benötigt dazu lediglich eine Bügelmessschraube (z.B. 0 - 25 mm).
Die minimale Scheibendicke ist meist auf der Bremsscheibe eingeschlagen. Falls nicht, richtet man sich nach den Angaben der Wartungsanleitungen. Der minimale Wert liegt bei älteren SUZUKIs meist bei 4,5 mm vorne und 6,0 mm hinten. Ist die Verschleißgrenze erreicht oder gar unterschritten, wird es Zeit für den Austausch.
   
Übrigens: Wenn die Scheiben nahe am Grenzbereich liegen, kann es für eine Hauptuntersuchung beim TÜV oder der Dekra hilfreich sein, wenn man eine Bügelmessschraube (Mikrometer) dabei hat, um nachzuweisen, dass die Scheibe noch im zulässigen Bereich liegt. Dabei ist es sinnvoll, die entsprechende Seite des Werkstatt-Handbuchs mitzubringen. Denn der Prüfer darf nach Ermessen urteilen und muss einen Mangel nicht beweisen.
   
Rad ausbauen
Vor den Arbeiten muss das Motorrad sicher auf dem Hauptständer stehen und es schadet auch nicht, die Bremsen oberflächlich zu reinigen. 
Zuerst werden die Schrauben der Bremszangen (1) und die Zangen entfernt. Jetzt werden die Achsmutter, an der Vorderachse zusätzlich die Schrauben des Telegabeljochs (2) gelöst und dann die Achse (3) herausgezogen. Jetzt kann man das Rad herausheben. Mehr Infos zum Hinterrad gibts hier.
   
Bremsscheiben demontieren
Das Rad wird dazu auf Kanthölzer und nicht direkt auf den Boden gelegt, um die Gegenseite nicht zu beschädigen. Als nächstes werden die Sicherungsbleche (4) der Befestigungsschrauben vorsichtig aufgebördelt.
Jetzt können die Befestigungsschrauben (5) gelöst werden. Aber Achtung: Sie sind mit Schraubensicherung eingeklebt und man muss mit einem soliden Werkzeug arbeiten.
    
Widersetzen sich die Schrauben diesem ersten Versuch, muss mit anderen Mitteln gearbeitet werden, vorzugsweise ohne Beschädigung, damit man die Schrauben wieder verwenden kann. 

Demontage mit Wärme
Oft kommt man schon weiter, wenn die Schraubstelle mit dem Heißluftföhn gut erwärmt wird - der Schraubenkleber wird dadurch wieder pastös. Zum Lösen und Herausdrehen sollte man einen Schlagschrauber verwenden (z.B. Louis, Best-Nr.10003903) in Verbindung mit guten Nüssen (z.B. Hazet). Vorher beim Schlagschrauber die Drehrichtung prüfen, damit man nicht versehentlich noch fester zudreht.

Demontage mit Hitze
Sind die Schrauben sehr fest oder gar eingerostet, erreicht man mit dieser Methode nur, dass der Schraubenkopf rund wird. Also muss man zu brutaleren Mitteln greifen und die Schraubenköpfe mit einer scharfen Azetylen-Flamme erwärmen, bis die Köpfe anfangen zu glühen. Möglicherweise geht das auch mit einem mit Feuerzeuggas betriebenen Butanbrenner, oft beworben als "Jet-Brenner" oder "Gourmet-Gasbrenner". Dann mit dem Schlagschrauber 2 - 3 Schläge und die Schrauben können herausgedreht werden, auch die vermurksten. Vor der ganzen Prozedur sollte man die Schraubenköpfe oder das Werkzeug so anschleifen, dass wieder scharfe Ansatzkanten zwischen Schraube und Werkzeug entstehen. Bei Innensechskant-Nüssen ist es empfehlenswert diese vorne plan anzuschleifen. Dann rutschen sie tiefer in den Schraubenkopf und finden wieder Grip.
Natürlich dürfen die Schrauben nach dieser Methode nicht mehr verwendet werden!

Bevor die neue Scheibe angebaut wird, sollte die Anlagefläche und der Zentrierabsatz zur Radnabe gründlich gereinigt werden, damit die Scheibe später satt sitzt. Schmutz löst sich ganz hervorragend mit WD40. Falls erforderlich, muss man mit einem scharfkantigen Schraubendreher und einer Drahtbürste nachhelfen.
Vor dem endgültigen Verschrauben ist zu prüfen, ob die Schrauben ganz eingeschraubt werden können und nichts den Sitz behindert. 
Sind Sicherungsbleche verbaut, so wie bei den meisten SUZUKI-Modellen, werden diese in der richtigen Position auf die Bremsscheibe gelegt. Dann werden alle Schrauben mit flüssiger Gewindesicherung (z.B. Loctite) versehen, eingedreht und mit dem vorgeschriebenen Drehmoment über Kreuz festgezogen. Verwendet hierfür einen guten Drehmomentschlüssel bis max. 100 Nm für Verschraubungen am Motorrad. Er sollte mindestens Proxxon-Industrie-Qualität haben, denn eine abgerissene Schraube zu entfernen, kostet mehr als solch ein Schlüssel.
Zum Abschluss werden die Laschen der Sicherungsbleche noch gegen die Schraubenköpfe gestemmt. SUZUKI schreibt vor, stets neue zu verwenden. Also sollte man nur im Notfall die zweite unbenutzte Lasche benutzen. 

Neue Beläge einbauen
Werden neue Bremsscheiben montiert, schreiben die Wartungsanleitungen auch die Montage neuer Beläge vor. Der Grund dafür ist, dass die alten, eingeschliffenen Beläge auf der neuen Scheibe nicht auf der gesamten Fläche greifen, denn sie haben das Profil der alten Scheibe angenommen. Die Bremsleistung ist so geringer und die neue Scheibe setzt an den nicht benutzten Bereichen Rostringe an.
Als absolute Notlösung, wenn gerade keine neuen Beläge zur Hand und die alten noch gut sind, kann man sie mit Schleifpapier (z.B. 100-er Körnung) auf einer ebenen Fläche wieder plan schleifen. Dazu eignet sich z.B. ein Stahl-Rechteckrohr, das in Schraubstock eingespannt wird.
So aufgearbeitete Beläge sind jedoch ein Sicherheitsrisiko und müssen baldmöglichst ersetzt werden. Die Anwendung dieses Notfalltipps erfolgt also ausdrücklich auf eigene Gefahr.

© Text: Werner, Michael; Bilder: Michael (25.07.12 )    [Start]
Der Text basiert auf einem Schrauberartikel von Werner Jörg, der mir die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung gegeben hat.