Technik:
Verbrennung
Wer
das Viertaktprinzip bis hier verstanden hat, wird sich
fragen, wie die eigentliche Verbrennung im Motor
abläuft. Entgegen der Erwartung kommt es
normalerweise nicht zu einer Explosion, sondern zu
einer geregelten Verbrennung. In Ausnahmefällen, beim
sogenannten "Klopfen" ist dieser Ablauf
jedoch gestört und kommt einer unkontrollierten
Detonation nahe. Zum Verständnis der Zusammenhänge
schauen wir uns das animierte Bild an:
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Normale Verbrennung
Wenn sich der Verbrennungsraum mit Gemisch
gefüllt hat und dieses durch den hochgehenden
Kolben komprimiert wurde, wird dieses durch die
Zündkerze gezündet.
Es bildet sich unmittelbar eine Druckwelle vor der
Flammenfront. Diese wandern gemeinsam nach außen,
während das Gemisch abgebrannt wird. Die
Geschwindigkeit der Flammenfront beträgt
normalerweise 40 - 50 cm/s, ist aber viel
langsamer als der Schall, der bekanntlich 300 m/s
erreicht.
Tatsächlich ist die Flammengeschwindigkeit aber
noch größer, wenn das Gasgemisch eine Turbulenz
hat.
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Die Flammenfront wird durch kleine Wirbel und
Fließmuster sehr effektiv und kontrolliert nach
außen getragen. Dieses Verbrennungsprinzip wurde von
den Herren Blizzard und Keck (1974) als "Eddy Burning
Model" bezeichnet.
Tatsächlich ist die vorderste Flammenfront aber nicht
so schön geometrisch aufgebaut, wie gezeigt. Vielmehr
bilden sich an deren Kante winzige, fraktale
"Knitterstellen", die die Oberfläche
erheblich vergrößern und so die Verbrennung viel
intensiver ablaufen lassen. Dieses Prinzip wurde von Goudin,
F.C. (1987) und Abraham (1985) entdeckt und über
Hochgeschwindigkeitskameras mit sogenannten
"Schlierenbildern" beobachtet. Ein echtes
Video findet man auf Google
(hier klicken).
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Schlierenbilder zeigen die verschiedenen Stadien
der Verbrennung, besonders turbulente
Charakteristiken der Flammenfront, durch die, wie
gesagt, eine schnellere Ausbreitung erreicht
werden kann. Daher
versuchen die Motorkonstrukteure durch verschiedene
Maßnahmen, das Gemisch in eine schnelle Bewegung zu
bringen. Entweder werden Quetschkanten zwischen
Kolbenboden Zylinderkopf vorgesehen oder durch
andere Tricks das eingesaugte Gemisch in eine
schnelle Rotation gebracht.
Bei Suzuki wurden dazu die TSCC- und
TDCC-Zylinderköpfe entwickelt, die eine wesentlich
bessere Verbrennung gegenüber den älteren
GS-Köpfen brachten. Im Bild rechts sieht man die
Druckwelle (blau) vor der Flammenfront (rot), die
sich durch das Gemisch (gelb) ausbreiten.
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Man
erkennt auch eine dünne Randschicht (grün), die aus
Gemisch besteht und nur Bruchteile eines Millimeters
stark ist. Sie haftet durch adhäsive Kräfte an
der Oberfläche des Verbrennungsraumes und wird meist
nicht durch die Flammenfront entzündet, da sie durch
die "kühleren" Oberflächen unterhalb der
Entzündungstemperatur gehalten wird. Das funktioniert,
solange die Verbrennung normal verläuft.
Klopfende Verbrennung
Normalerweise steigt während der letzten
Kompressionsphase der Druck im Zylinderraum um etwa
1,4 - 2,0 bar je Grad der Kurbelwellenumdrehung. Wenn
der Druck jedoch um 2,5 bar / Grad ansteigt, wird der
Motor sehr rau laufen und die mechanischen Komponenten
stark beansprucht werden. Im schlimmsten Fall steigt
der Druck so stark, dass es zu unkontrollierten
Selbstentzündungen und Druckwellen kommt. Der Motor
fängt an zu klopfen bzw. klingeln. Das passiert umso
stärker, je mehr freie Radikale (Hydroxyl oder andere
OH-Ketten) im Gemisch vorhanden sind. Hochoktanige
Kraftstoffe (Super-Benzin) besitzen weniger freie
Radikale und neigen daher weniger zu
Selbstentzündung.
Doch bei extremen Drücken werden auch
Super-Kraftstoffe diesen Mini-Detonationen nicht
widerstehen können, die sich an winzigen Stellen mit
Übertemperatur bilden. Dort werden die
Molekularketten regelrecht aufgebrochen und entzünden
sich umso leichter.
Die lokalen Explosionen treten bevorzugt an den
Rändern des Kolbendoms auf, wo Druckwellen
reflektiert werden und sich so verstärken. Hier
treffen dann die Druckwellen der Mini-Detonation mit
denen des Zündimpulses aufeinander und beginnen ihr
zerstörerisches Werk. Dabei wird im Extremfall
Material aus dem Kolben und Zylinderkopf regelrecht
herausgerissen. Durch den extremen Druck werden
natürlich auch die Pleuel- und Kurbelwellenlager so
stark beansprucht, dass der Schmierfilm zusammenbricht
und hoher Verschleiß auftritt.
Doch es kommt noch schlimmer: Die hohen Drücke und
extremen Turbulenzen waschen die schützende
Randschicht förmlich von der Oberfläche des
Verbrennungsraumes ab. Diese verliert damit ihre
schützende Isolierung und durch den leichteren
Temperaturübergang werden sich Kolben und
Zylinderkopf viel stärker aufheizen.
Das führt im besten Fall zu höheren Motor- und
Öltemperaturen und im schlimmsten Fall zu einem
Abschmelzen von Material. Wer schon einmal ein Loch im
Kolben gehabt hat, wird das gut nachvollziehen
können.
Was heißt dies nun für
den Biker?
Klopfen oder Klingeln ist ein ernstzunehmendes Problem
und unbedingt zu vermeiden. Wenn es auftritt, heißt
es "Gashahn zu und herunterschalten"!
Tritt es auch beim normalen Fahrbetrieb ungewöhnlich
oft auf, sollte man einen hochoktanigen Kraftstoff
tanken und die Zünd- und Vergasereinstellung prüfen.
Wird es nicht besser, hat sich im Verbrennungsraum
meist zu viel Ölkohle gebildet, die die Kompression
erhöht oder anfängt zu glühen und so als zweite
Zündkerze fungiert.
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© Michael (04.10.07
) [Start]
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