SUZUKI GSX 750 S - Fahreindrücke

Anfang der 80er fehlten Suzuki reine, großvolumige Sportgeräte und so wurde zunächst die 1100er Katana vorgestellt und Ende 1981 die 750er als "zweites Eisen im Feuer" nachgeschoben. Laut der Zeitschrift Motorrad ging damit "ein Motorrad ins Rennen um Marktanteile, dem eilige Kurvenhatz auf den Leib geschneidert" war.
Die Fahrleistungen der Dreiviertelliter-Katana waren durchaus mit hubraumstärkeren Konkurrenten vergleichbar und die enge optische Verwandschaft zur großen 1100er war ebenfalls gewollt. 
   
Der Motor - Herz und Sahnestück zugleich
Die brachiale Gewalt der GSX 1100 fehlte zwar, doch die meisten Tester vermissten sie keineswegs. Vielmehr überzeugte der luftgekühlte Vierzylinder mit einer seidenweichen, turbinenartigen Leistungsabgabe. 
Es traten kaum Schwingungen auf, wenn der Motor willig bis in den roten Bereich drehte, der erst bei 9.500 U/min anstand. Da störten auch feine Vibrationen nicht,  die über Lenkerstummel und Sitzbank an den Fahrer durchdrangen, wenn mittlere Drehzahlen von 3.500 bis 5.500 U/min durcheilt wurden. 
In jeden Drehzahlbereich zeigte sich das Aggregat von seiner guten, feinfühligen Seite. Sogar aus dem Leistungskeller ab 2.000 U/min konnte man die Katana im fünften Gang zügig herausbeschleunigen, ohne das ein Leistungseinbruch den Vortrieb unterbrach.
Um dieses Sahnestück zu kreieren, mußten die Suzuki-Techniker noch nicht einmal tief in die Trickkiste greifen, sondern lediglich ins Regal. Der gleitgelagerte Motor der normalen GSX 750 wurde transplantiert und mit leichten Retouchen wirkungsvoll verbessert. 
Ein kleiner Dreh an der Verdichtungsschraube ergab einen Wert von 9,8 : 1, im Vergaserquerschnitt fand man zusätzliche 2 mm (jetzt 34 mm) und schon stand nicht nur eine gesunde Leistung von 60 kW (82 PS) bei 9.200 U/min, sondern auch ein höheres maximales Moment von 66 Nm (6,7 mkp) bei 8.500 U/min zur Verfügung. 
Während "untenrum" sowohl der normale GSX-Motor als auch der Katana-Triebling in etwa gleiche Fahrleistungen produzierten, wurde die Mehrleistung ab Autobahngeschwindigkeit immer deutlicher. Bei der Katana stand eine Reisegeschwindigkeit von 180 km/h immerhin fast 4 Sekunden früher an.
Die phantastischen TSCC-Vierventil-Zylinderköpfe harmonierten in jeder Fahrsituation mit dem leicht zu schaltenden, gut abgestimmten Fünfganggetriebe: Sauber rastende Gänge, geringer Kraftaufwand, einwandfrei zu findender Leerlauf - Herz, was willst du mehr!.
   
Das Fahrwerk - hart und scharf wie eine Klinge
Bei Rahmen und Vorderradgabel die Suzuki-Ingenieure den Zeichenstift gespitzt. Der gänzlich neuentwickelte Rohrrahmen im Doppelschleifen-Design erhielt zur Versteifung kräftige Querstreben am Rahmenrückgrat und extra Knotenbleche.
Vorne tat eine neue Gabel ihren Dienst, die 150 mm Federweg zuließ und auf unterschiedliche Belastungen durch eine vierfach verstellbarer Federrate angepasst werden konnte. Ein Dämpfungseinstellung fehlte, stattdessen setzte man auf ein sogenanntes Anti Dive-System mit dem geheimnissvollen Kürzel "ANDF" (Anti Nose Dive Fork). Das Prinzip war einfach: Der hydraulische Bremsdruck wirkte über einen zusätzlichen Kolben auf das Gabel-Dämpfungssystem, dessen Druckstufe sich verhärtete und so den Federweg reduzierte. Um bei kurzen Bodenwellen Gabelstuckern zu vermeiden, gab ein Regelventil das System entsprechend frei.
Bei hohen Geschwindigkeiten und brutalem Bremsen funktionierte das Ganze recht gut und sorgte für eine gleichbleibende Lenkgeometrie. Nur bei niedrigen Geschwindigkeiten über Land oder in der Stadt bemängelten manche eine zu stark verhärtete Gabel und schlechtes Ansprechverhalten.
Diese Härte setzte sich auch in der Hinterhand fort. Die Dämpfer, die die Aluminium-Schwinge kontrollierten waren zwar in Federrate und Dämpfung mehrfach einstellbar, aber ließen nur die Wahl zwischen hart und besonders hart. Die theoretischen 108 mm Federweg wurden so kaum gebraucht und die 750er strapazierte das Sitzfleisch des Katana-Fahrers über Gebühr. Nur im Zwei-Personen-Betrieb konnte so etwas wie Komfort konstatiert werden.
   
Geschaffen für die Kurvenhatz
Die Zeitschrift Motorrad titelte in ihrer Ausgabe 17/81 "Verliebt in scharfe Kurven" und traf damit die Seele der  750er Katana auf den Punkt.
Die nur 770 mm niedrige Sitzbank,  der lange Tank und die niedrig montierten Aluminium-Lenkerstummel ergaben eine recht sportliche Sitzposition.  Zusammen mit der optimalen Schwerpunktlage und einem Radstand von 1.520 mm ergaben - für das hohe Gewicht von 239 kg - ein erstaunliches Handling und ermöglichten extreme Schräglagen von 49 Grad. Das brachte manche Rennmaschine nicht fertig!
Ohne große Krafteinwirkung ließ sich das Motorrad in die Kurve legen und blieb neutral, so lange man umsichtig mit dem Gasgriff hantierte. So wurden die Fahrt durch schnelle Landstraßenkurven die Domäne der Katana. Auch die Geradeausfahrt auf der Autobahn war vorbildlich, nur in langgezogenen Kurven bei hoher Geschwindigkeit konstatierten manche Tester ein gewisses Pendeln, wenn Bodenwellen überfahren wurden. 
Obwohl auf langen Touren eine bequemere Sitzbank eingefordert wurde, waren sich alle einig: "Dieses Bike vermittelt einen außergewöhnlichen, beinahe spielerischen Fahrspaß."
   
Die Bremsen - Wie es Euch gefällt
Lob und Tadel gab es für die verbauten Stopper. Die Einen lobten die vordere Doppelscheibe in Verbindung mit dem Anti-Dive, Andere verspürten Schwammigkeit und einen Verlust an Bremsleistung. Aus eigener Erfahrung kann ich das nicht bestätigen. Da im Baukastensystem sowohl bei der GS 650 G als auch bei der GSX 750 S die gleichen Bauteile verwendet wurden, bringt der direkte Vergleich klare Pluspunkte für die 750er. Gemessen am Schwestermodell GSX 750 war das Anti-Dive-Bremssystem vielleicht etwas schwammiger, aber durch Verwendung von Stahlflex-Bremsleitungen konnte man dieses Manko gut in den Griff bekommen. 
Der hintere Stopper, als Einscheiben-Anlage ausgeführt, wußte hingegen zu gefallen - solange man es nicht übertrieb. Hektisches Herunterschalten und gleichzeitiges Bremsen führte auch mal zu Hinterrad-Stempeln.

Fazit: Mehr Top als Hopp
Die üppige Serienausstattung der Katana wurde wohlwollend vermerkt und nur an Details herumgemeckert: So gefiel der kombinierte Tacho und Drehzahlmesser nicht jedem Tester. Auch der Blinkerschalter, in den auch das Fernlicht integriert war, war angeblich schlecht zu bedienen..
Die flache Halbschalenverkleidung mit der kleinen Scheibe sorgte für einen Cw-Wert von 0,6 und gewährte einen erstaunlich guten Windschutz. 
Alle waren sich jedoch einig, dass Suzuki mit den neuen Katanas für frischen Wind im Motorradgeschäft gesorgt hatte, liebten das Styling und lobten die solide Suzuki-Technik.

© Michael (04.10.03 )    [Start]