SUZUKI GS 1000 S - Fahreindrücke

Warum sollte man eine GS 1000 S kaufen und fahren? Robert Poensgen schrieb 1979 in einem Artikel für das MOTORRAD: "Der Vierzylindermotor singt wie eine Turbine, gleichmäßig und ohne hör- und spürbare Anstrengung. Das Ölthermometer zeigt 165 Grad Schmiermitteltemperatur an. Von einem Tankaufenthalt zum anderen mißt die Entfernung 180 Kilometer. Der Fahrer der Suzuki 1000 S benötigt für diese Strecke genau 69 Minuten. Den Reiter der schnellen Straßenmaschine wird es zu ergründen reizen, ob die S-Kurve über die nächste Steinbrücke wirklich nur 60 verträgt, oder
ob er sie auch mit 80 noch nehmen kann. Er wird mit dem Beschleunigungsvermögen seines Motors spielen, auf den kurzen Geraden die Gänge durchschalten und 110 erreichen."
Kann man die Faszination dieses Motorrades in bessere Worte fassen? Wohl kaum.

Die satte Liter-Schüssel
Der Motor wurde aus dem 750er-Triebwerk heraus weiterentwickelt und unterschied sich nur wenig von Vorgänger. Nervte der 750er-Motor bei hohen Drehzahlen noch durch feine Schwingungen, so war beim Einliter-Vierzylinder sehr ruhig - und zwar mechanisch wie akustisch. Die geringen Vibrationen beschränkten sich auf den Drehzahlbereich zwischen 6.000 und 7.000 1/min, reichten aber aus, um bei einem Test die an der Cockpitverkleidung angebrachten Sportspiegel abzuschütteln.
Mit Leistung von 90 PS gesegnet, konnte man bereits bei 3.000 Touren 25,8 kW abrufen und so ertappten sich viele dabei, im zweiten Gang anzufahren, ohne das es dem Motor wehtat. Ab 5.000 1/min war die Motorleistung bereits bis 42,7 kW (58 PS) angestiegen. 
Damit war man flott im vierten und fünften Gang auf der Landstraße unterwegs. Ging es über die Autobahn, reichte der Fünfte und Letzte für souveränes Fahren: Bereits ab 80 km/h katapultierte sich GS 1000 S im großen Gang kraftvoll nach vorne. Herunterschalten war bei so viel Elastizität unnötig.
Dennoch war sich die Große für Drehzahlen nicht zu schade: Bis zum vierten Gang jubelte sie bis über 9.000 1/min. Das konnte meist die Ausnahme bleiben, denn durch das satte Drehmoment fand man für den fünften Gang bei jeder Drehzahl guten Anschluss.
Nicht ohne Makel war der Motor bei einem 25.000 km Langstreckentest: Kolben und Zylinder waren in gutem Zustand, aber die Kupplung hatte zerbrochene Reibscheiben und am Zahnradpaar des fünften Gangs fand man Pittingmarken.
   
Ein etwas zickiges Fahrwerk
Der Rohrrahmen wurde fast vollständig von der GS 750 übernommen, lediglich die Motorhalterung und der Rahmenhinterbau war geringfügig anders.  Der Motor saß so etwas weiter vorne. Übernommen wurden auch die hochfeinen Nadellager in der um 30 mm längeren Hinterradschwinge. Die Federbeine waren etwa 60 Grad schräggestellt. So konnte mehr Federweg an der Hinterachse und Komfort für den Fahrer realisiert werden.
Eine echte Neuerung fand sich in der verstärkten Vorderrad-Telegabel, die eine variable Luftunterstützung spendiert bekam. Die empfohlenen 0,8 bis 1,5 bar Überdruck sollten nicht nur die Feder unterstützen, sondern auch durch den Druck auf das Dämpferöl die Dämpfung beeinflussen. Eigentlich genial, aber Skeptiker befürchteten zurecht, dass die Genauigkeit der üblichen Tankstellen-Luftpumpen nicht ausreichte, um einen gleichmäßigen Druck aufzubauen. Auch vermutete man Undichtigkeiten bei verschlissenen Lippendichtringen, die zu ungleichem Druck und einem unruhigen Fahrverhalten führen könnten. 
Mit der mechanisch 4-fach verstellbaren Zugstufe und den fünf Verstellmöglichkeiten der Federbasis an den hinteren Federbeinen waren ganze 20 (!) Abstimmungsmöglichkeiten gegeben. 
Tatsächlich waren viele 1000er-Besitzer mit so viel Verstellerei überfordert und bemängelten eine Unruhe, die sich genauso wie zuwenig Luft im Reifen bemerkbar machte. In schnellen Kurven mit welligem Belag begann die GS zu schlingern.
Die besten Ergebnisse erzielte man, wenn man an der Gabel eine Verbindungsleitung installierte, mit 0,5 bis 0.8 bar befüllte, die Federbasis hinten auf der mittleren Stufe und die Dämpfer auf Markierung "1" stellte.
   
Bremsen auf hohem Niveau
Die vordere Doppelscheiben-Bremse war 2 Millimeter dünner, um die gefederten Massen zu senken. Wie von der 750 schon bekannt, war sie recht sportlich und mit einem exakt fixierten Druckpunkt. Sie verlangte zwar nach einer kräftigen Hand, glänzte aber durch absolute Fadingfreiheit. Hinten war eine Einzelscheibe installiert, die manchmal etwas zu bissig daherkam. Bis zur Blockiergrenze wünschten sich die Tester mehr Pedalweg und damit mehr Kontrolle.

Die Ergonomie stimmte
Komfortabel saßen Fahrer und Sozius auf der gut gepolsterten und langen Sitzbank. Der Knieschluss stimmte, nur der schlecht gekröpfte Lenker führte auf längeren Strecken zu schmerzenden Handgelenken.
Alle Hebel, die Schaltung und die Fußbremse waren dennoch perfekt platziert und so fühlte man sich schon nach den ersten Metern äußerst wohl. 
Bei zügiger Fahrt auf kurvenreicher Strecke ließ sich die Suzi locker und ohne Kraftaufwand durch die Kurven zirkeln. Nur auf der Autobahn lief sie auf Serienreifen gerne Längsfugen hinterher und geriet ins Schlingern. 
Steckte man das jedoch weg, waren weite Touren auch bei bei Dauertempo 180 km/h kein Problem.
Mit zwei Drittel Gas und rund 7.000 1/min auf dem Drehzahlmesser zog die GS 1000 S dann locker ihre Bahn. Einigermaßen akzeptable 9 Liter Super auf 100 km flossen so durch die Vergaser. Ging es flotter zur Sache, wanderte der Zeiger der Benzinuhr zügig auf Null und die GS gönnte sich um die 10 Liter. 
Die Sitzposition auf der S entsprach dem Normalmodell. Nur die Verkleidung verringerte den Winddruck auf den Fahrerkörper, setzte den Kopf allerdings voll dem Wind aus. So machte sich Seitenwind kaum bemerkbar. Nur bei Höchstgeschwindigkeit traten durch Gegenlenken leichte, jedoch gut beherrschbare Schlängelbewegungen auf.

Optik und Technik der Oberklasse
Die Suzuki GS 1000 S mußte sich in ihrer Klasse nicht verstecken. Bis zur 100 km/h-Marke benötigte sie gerade 3,4 Sekunden und in nur 8,5 weiteren Sekunden standen 160 km/h auf der Uhr.
Obenherum waren mit liegendem Fahrer über 220 km/h Fahrer drin - ein Topwert.
Der Normalfahrer war mit der Normalversion der GS 1000 gut bedient. Wer mehr Komfort und und eine tolle Optik haben wollte, entschied sich für die GS 1000 S.

© Michael (04.10.03 )    [Start]