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Das
kommt er, Bob X., Held einer
zeitgenössischen Anzeige und von einem Ohr zum
anderen grinsend.
Sein Kommentar zur GS 1000 L: "Mit diesem
Motorrad habe ich meine Lebensqualität um 50%,
mein erotisches Erleben um 100% und meine
Familie um 1 Person vermehrt".
Es folgte eine launige Geschichte von Bob und
Elsa, einer Feministin, die er
"zähmte" und zur glücklichen Mutter
machte.
Na, ob das alles wirklich nur wegen eines
Super-Choppers passieren konnte und ob es
überhaupt geschah, ist recht zweifelhaft.
Tatsache ist, dass die GS 1000 L im Jahre 1979
eine veritable Chopper-Rakete war, die viel
zufriedenes Grinsen provizierte - sei es beim
lockeren Gleiten oder beim heissen Sprint. |
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Zum Heizen geboren, zum Cruisen
perfektioniert - der Motor
Wie kann man einen perfekten Sportmotor nur in einen
Chopper verpflanzen? Kann das gutgehen? Oh ja, der
bullige Motor mit 997 ccm Hubraum war ein wirklicher
Hammer. Verglichen mit Harleys hatte er zwar nur
lächerliche 64,8 mm Hub und drehte dazu noch bis in
höchste Höhen, aber er lieferte pralle 83 Nm bei 6.500
Umdrehungen - viel mehr als jede V2 aus Milwaukee!
Der einzige Unterschied zum Normal-Modell war die kurze,
neu abgestimmte Auspuffanlage. Sie boostete das
Drehmoment bei niedrigeren Kurbelwellentouren. Folglich
änderte sich der Charakter des Motors: Er lud zum
gemütlichen Dahingleiten ein und machte jeden Easy
Rider ruhiger. Sanft wie ein schnurrender Kater konnte der
Zweiventielr-Vierzylinder mit den zwei kettengetriebenen
Nockenwellen im Kopf sein .
Doch Vorsicht, drehte man nicht standesgemäß am
Gashahn, wurden gewaltige Kräfte freigesetzt - muntere
90 Pferdchen.
Bereits ab 80 km/h katapultierte sich GS 1000 im großen Gang
ungemein kraftvoll und ohne Herunterschalten nach vorne.
Bei etwa 8.500 1/min erreichte sie jubelnd beinahe 200
km/h. Dann freilich war es mit der Gemütlichkeit vorbei
und auch ein Bob X. hing wegen des brutalen Winddrucks
verkrampft am breiten Lenker.
Ein Fahrwerk wie ein Sofa
Auch das Chassis war von soviel Speed nicht besonders
angetan. Bei harten Querfugen schlugen die viel zu
weichen Federbeine trotz höchster Federstufe
erbarmungslos durch. Ging es zu scharf um die Ecken,
setzte die Suzi wegen des niedrigen Hecks und der soften
Abstimmung recht früh auf dem Hauptständer auf. Dabei
waren die hydraulischen, vielfach verstellbaren Dämpfer
prinzipiell gut. Auch die luftdruckunterstützte
Telegabel, mit der vor den Holmen liegenden Radachse,
war ein perfekt konstruiertes Teil und funktionierte
hervorragend - zumindest solange man es nicht zu eilig
hatte.
Der Doppelschleifen-Rohrrahmen der "L" ist war
mit den anderen 1000er-Modellen baugleich, lediglich der
Lenkkopfwinkel wurde auf 60 Grad verkürzt und auch der
Nachlauf verringert. Durch die vorversetzte Radachse war
Radstand des Choppers aber genau 20 mm größer und das
ergab bei normalen Geschwindigkeiten einen perfekten
Geradeauslauf. Schlingerbewegungen des Fahrwerks
stellten sich erst bei Geschwindigkeiten jenseits von
180 km/h ein. Eigentlich logisch, denn die aufrechte
Sitzhaltung und der breite Lenker führten zu
Störungen, die an das Fahrwerk weitergegeben
wurden. Also doch lieber locker bleiben, Bob!
Bremsen - vorne hui, hinten
pfui.
Die vordere Doppelscheibe wurde stets gelobt: Tolle
Wirkung bei nasser und trockener Straße, verschwindend
geringer Kraftaufwand. Stieg man voll in die Eisen,
hatten die Tester das Gefühl, "den großen breiten
Lenker mit ihrem Gewicht auseinanderzubiegen."
Nur bei der hinteren Bremse war Vorsicht geboten, denn
die große Scheibe biss erbarmungslos zu. Ein
ungünstiges Übersetzungsverhältnis des
Fußbremshebels zum Bremszylinder leitete viel zu viel
Kraft nach hinten und in Sekundenschnelle blockierte der
dicke 17-zöllige Hinterradreifen. Das war ein Problem,
an dem übrigens viele Suzuki-Modelle litten. In
Kombination mit den serienmäßigen IRC-Reifen,
die Nässe gar nicht vertrugen, wurde dieser Mangel an
Dosierbarkeit bei Regen unter Umständen mit einem Sturz
bezahlt. So hatten manche Tester daher bei schlechten
Verhältnissen das Gefühl, auf rohen Eiern zu reiten.
Technische Raffinessen,
satte Formen
Blickt der Chopperist nach vorne, ruhen seine Augen auf
einem vollständigen Instrumentarium. Benzinuhr,
Geschwindigkeits- und Drehzahlmesser, digitale
Ganganzeige - alles war da, was gut und teuer war.Bei
Harley gab es lediglich einen Tacho der Marke Wasseruhr
zu bestaunen.
Der Scheinwerfer war vollverchromt und mit einem hellen
H4-Einsatz gesegnet. Auch hinten, auf dem schwungvollen,
chromblitzenden Kotflügel blitzte ein ansehnliches,
großes Rücklicht.
Die gesamte Linienführung des Tanks und der Sitzbank
war weich und wohl proportioniert. Die dunklen
Metallic-Farben unterstrichen den gekonnten Auftritt.
Kein Wunder, dass Bob und Elsa doch noch zusammenkamen
- damals im Frühjahr 1979. Ob sein Nachwuchs wohl heute
eine Bandit fährt?
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