SUZUKI GS 1000 E - Fahreindrücke

Obwohl schon 1977 vorgestellt, stürzten sich die Tester erst im Frühjahr und im Sommer 1978 so richtig auf die neue 1000er von Suzuki. 
Auf den ersten Blick war GS 1000 nur geringfügig von der GS 750 zu unterscheiden, von der 1977 immerhin über 36.000 Einheiten hergestellt wurden. Auffallend war lediglich die neue Tank-Sitzbank-Einheit, die bei der Tausender gestreckter wirkte. Der neue Heckbürzel bot mehr Stauraum für das (schlechte) Bordwerkzeug und überdeckte die neu gestylte Rückleuchte.
   
Big Block - der neue Motor
Der Motor wurde aus dem 750er-Triebwerk heraus weiterentwickelt und unterschied sich optisch und von den Dimensionen her nur wenig von Vorgänger. Nervte der 750er-Motor bei hohen Drehzahlen noch durch feine Schwingungen, so war beim Einliter-Vierzylinder nur noch absolute Ruhe zu konstatieren - und zwar mechanisch wie akustisch.
"Die Leistung wird bei 90 PS oder mehr liegen, ganz so wie bei der Konkurrenz in dieser Klasse." stellte Otto de Crignis, der Geschäftsführer von Suzuki Deutschland damals fest. Tatsächlich wurden die ersten Testmaschinen mit über 66,5 kW (90,5 DIN-PS) bei 8.200 1/min ausgeliefert. In der Serienversion rundete Suzuki auf glatte 90 PS ab - wahrscheinlich ohne den Motor zu ändern. Suzuki-Insider kennen das ja.
Mit dieser Leistung gesegnet, konnte man bereits bei 3.000 Touren 25,8 kW abrufen und so ertappten sich viele dabei, im zweiten Gang anzufahren, ohne das es dem Motor wehtat. Ab 5.000 1/min war die Motorleistung bereits bis 42,7 kW (58 PS) angestiegen. 
Damit war man flott im vierten und fünften Gang auf der Landstraße unterwegs. Ging es über die Autobahn, reichte der Fünfte und Letzte für souveränes Fahren: Bereits ab 80 km/h katapultierte sich GS 1000 im großen Gang kraftvoll nach vorne. Herunterschalten war bei so viel Elastizität unnötig.
Dennoch war sich die Große für Drehzahlen nicht zu schade: Bis zum vierten Gang jubelte sie bis über 9.000 1/min. Das konnte meist die Ausnahme bleiben, denn durch das satte Drehmoment fand man für den fünften Gang bei jeder Drehzahl guten Anschluss.
Nicht ohne Makel war der Motor beim 25.000 km Langstreckentest: Kolben und Zylinder waren in gutem Zustand, aber die Kupplung hatte zerbrochene Reibscheiben und am Zahnradpaar des fünften Gangs fand man Pittingmarken.
   
Ein empfindliches Fahrwerk durch neue Technik
Der Rohrrahmen wurde fast vollständig von der GS 750 übernommen, lediglich die Motorhalterung und der Rahmenhinterbau war geringfügig anders.  Der Motor saß so etwas weiter vorne. Übernommen wurden auch die hochfeinen Nadellager in der um 30 mm längeren Hinterradschwinge. Die Federbeine waren etwa 60 Grad schräggestellt. So konnte mehr Federweg an der Hinterachse und Komfort für den Fahrer realisiert werden.
Eine echte Neuerung fand sich in der verstärkten Vorderrad-Telegabel, die eine variable Luftunterstützung spendiert bekam. Die empfohlenen 0,8 bis 1,5 bar Überdruck sollten nicht nur die Feder unterstützen, sondern auch durch den Druck auf das Dämpferöl die Dämpfung beeinflussen. Eigentlich genial, aber Skeptiker befürchteten zurecht, dass die Genauigkeit der üblichen Tankstellen-Luftpumpen nicht ausreichte, um einen gleichmäßigen Druck aufzubauen. Auch vermutete man Undichtigkeiten bei verschlissenen Lippendichtringen, die zu ungleichem Druck und einem unruhigen Fahrverhalten führen könnten. 
Das gleiche galt auch für die kurz darauf verwendeten luftunterstützten Federbeine: Komfortabel, aber schwer abzustimmen. Auch mit der mechanisch 4-fach verstellbaren Zugstufe und den fünf Verstellmöglichkeiten der Federbasis an den hinteren Federbeinen waren ganze 20 (!) Abstimmungsmöglichkeiten gegeben. 
Tatsächlich waren viele 1000er-Besitzer mit so viel Verstellerei überfordert und bemängelten eine Unruhe, die sich genauso wie zuwenig Luft im Reifen bemerkbar machte. In schnellen Kurven mit welligem Belag begann die GS zu schlingern.
Die besten Ergebnisse erzielte man, wenn man an der Gabel eine Verbindungsleitung installierte, mit 0,5 bis 0.8 bar befüllte, die Federbasis hinten auf der mittleren Stufe und die Dämpfer auf Markierung "1" stellte.
   
Probleme mit Reifen der ersten Serie
Extra für die GS 1000 entwickelte IRC neue Reifen, die Grand High Speed GS 11-Pneus. Sie mussten sich herbe Kritik gefallen lassen, denn durch den Mittelsteg des Vorderreifens war ein guter Geradeauslauf nicht möglich. Auf nassen Straßen fehlte der Grip und zu allem Übel lösten sich am Hinterrad nach nur 500 Autobahn-Kilometern auch Teile der Lauffläche. Besser waren die später nachrüstbaren Zwillinge von Continental, der Dunlop Red Arrow und die Walzen von Michelin in den Größen 4.50 V 17 und 3.50 V 19.
   
Die Bremsen wurden in Details verbessert.
Die vordere Doppelscheiben-Bremse war 2 Millimeter dünner, um die gefederten Massen zu senken. Wie von der 750 schon bekannt, war sie recht sportlich und mit einem exakt fixierten Druckpunkt. Sie verlangte zwar nach einer kräftigen Hand, glänzte aber durch absolute Fadingfreiheit. Hinten war eine Einzelscheibe installiert, die manchmal etwas zu bissig daherkam. Bis zur Blockiergrenze wünschten sich die Tester mehr Pedalweg und damit mehr Kontrolle.
Gegen Ende der Bauzeit der GS 1000 wurden geschlitzte Scheiben verbaut, deren Ansprechverhalten bei Nässe wesentlich besser war.
   
Ein Arbeitsplatz mit Bumms
Komfortabel saßen Fahrer und Sozius auf der gut gepolsterten und langen Sitzbank. Der Knieschluss stimmte, nur der schlecht gekröpfte Lenker führte auf längeren Strecken zu schmerzenden Handgelenken.
Alle Hebel, die Schaltung und die Fußbremse waren dennoch perfekt platziert und so fühlte man sich schon nach den ersten Metern äußerst wohl. 
Bei zügiger Fahrt auf kurvenreicher Strecke ließ sich die Suzi locker und ohne Kraftaufwand durch die Kurven zirkeln. Nur auf der Autobahn lief sie auf Serienreifen gerne Längsfugen hinterher und geriet ins Schlingern. 
Steckte man das jedoch weg, waren weite Touren auch bei bei Dauertempo 180 km/h kein Problem
Mit zwei Drittel Gas und rund 7.000 1/min auf dem Drehzahlmesser zog die GS 1000 dann locker ihre Bahn. Einigermaßen akzeptable 9 Liter Super auf 100 km flossen so durch die Vergaser. Ging es flotter zur Sache, wanderte der Zeiger der Benzinuhr zügig auf Null und die GS gönnte sich satte 12 Liter. 
Der mittlere Testverbrauch lag zwischen 6,7 - 8,3 Litern und war damit ein guter Durchschnittswert. Der 20 Liter fassende Tank reichte so auch bei eiliger Fahrweise für über 200 Kilometer.

Technik und Fahrleistungen der Oberklasse
Die Suzuki GS 1000 musste sich in ihrer Klasse nicht verstecken. Bis zur 100 km/h-Marke benötigte sie gerade 3,4 Sekunden und in nur 8,5 weiteren Sekunden standen 160 km/h auf der Uhr.
Obenherum waren mit liegendem Fahrer 222,2 km/h und 202,2 km/h mit sitzendem Fahrer drin - ein Topwert.
Die Suzuki GS 1000 war kein Blender sondern eine solide Weiterentwicklung der bewährten 750er. Sie bot Motorradfahrern eine Leistungsklasse, die Effekthascherei einfach nicht nötig hatte.
So entschied sie auch den Vergleichstest gegen die Honda CBX, die Kawasaki Z 1-R und die Yamaha XS 1100 überlegen für sich.

© Michael (04.10.03 )    [Start]