Zurück zur wahren Liebe
Die Strasse, die Kurven und die Ferne lockten wieder. Gibt
es hierfür etwas Schöneres als eine scharfe Suzuki? Ich
dachte an meine Jahre auf der GS 400 und stellte 1987
überrascht fest, das jede Menge alter Suzukis wie sauer
Bier angeboten wurden. Das war meine Chance, alte
Leidenschaften wieder aufleben zu lassen.
Darum will ich euch, die nicht ganz ernst gemeinten
Geschichten meiner Suzuki-Mädchen hier nicht vorenthalten.
Nr. 23 und 24 - Endlich wieder
Suzuki
Die GS 650 G entfachte 1981 wahre Beifallsstürme. Die
fließenden Linien im sanften Katana-Design kamen vom
Zeichenbrett des Deutschen Hans Muth. Mit dem
Hochleistungs-Gleitlagermotor, dem Kardanantrieb und
hervorragenden Fahreigenschaften etablierte Sie sich in der
damaligen oberen Mittelklasse. Leider war sie sündhaft
teuer und krankte anfangs an schlechter Fertigungsqualität.
Mitte der 80er wollte sie eigentlich keiner mehr haben, aber
heute ist die GS 650 G ein gesuchter Neo- Klassiker für
Kenner.
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Für mich markierte die GS 650 G
die Rückkehr zu meiner eigentlichen Motorradliebe
- SUZUKI!
Ich kaufte Nr. 23 in einem miesen
Zustand: Müder Motor, verrosteter Auspuff,
rückenbrechender Stummellenker - aber
vollständig und fast original. Ein
bisschen Pflege, eine Motorrevision und der
Rückbau auf Originalteile machten sie zu einer
guten Begleiterin.
Nr. 24 wurde als Teileträger angeschafft
und harrt der Organspenden. Vielleicht
werde ich sie auch wiederbeleben.
So eine Lady muss man zu nehmen wissen. Aber Liebe macht
bekanntlich blind und daher werde ich sie nicht mehr hergeben. |
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Meine kleine Katana ist ganz Dame, gereift, aber auch
launisch und ihr leichtes (Öl-)Trinkproblem ist nicht ihr
einziger Fehler. Wie auch immer: Es gibt da diese gewisse
Verbindung. Liegt es an unserer langen gemeinsamen Zeit, dass
ich mir mittlerweile einbilde, sie würde tatsächlich mit
mir sprechen?? Versuche ich sie morgens anzulassen, ist sie
bockig und mault: "Oh nein, nicht schon wieder ...
nuddelnuddel ... brr...patsch...brabbel...lass mich in Ruh,
ich hab schreckliche Kopfschmerzen."
Ich: "Komm Zuckerstück, spring an!" Suzi: "Brr...pfttt ... aber nur kurz um die Ecken ...
brllolololo."
Endlich unterwegs, nörgelt sie: "Liebling warte, bis
ich warm bin, hast du den Reifendruck kontrolliert? Achte
doch bitte auf den Verkehr! Hast mal wieder die gelbe Ampel
nicht gesehen."
Spätestens nach ein paar Dutzend Kilometern packt mich die
Begeisterung: "Ist das nicht cool? Die Landschaft, das
Wetter, kein Verkehr, diese Kurven!
Suzi: "Broooooom... jajaja ganz nett. Aber sei
vorsichtig, hau' die Gänge nicht so rein, hab' ein Auge auf
die Blechkästen, sieh' nicht immer nach anderen Frauen und
zerkratz mir nicht wieder mein Fahrgestell.
Ich (bei der Auffahrt zu einer alten Bergrennstrecke):
"Oh Suzi, jetzt geht's los. Lass uns gemeinsam fliegen."
Suzi: "Mein Gott, sei nicht albern. Ich hab's zwar
nicht nötig, aber meinentwegen lassen wir's knacken.
Übrigens da vorn wird's eng ... pass auf ... laaaangsam ...
die Kurve, du Idiot!
Der Seitenständer setzt auf und ein leichtes Wackeln geht
durch die Fuhre. Ich: "Verdammt, das war wohl etwas zu
schnell.
Suzi: "Nichts da, stell dich nicht so an ... jetzt
fängt's an, MIR Spaß zu machen. Kannst du nicht schneller?"
Ich: "Oh neeiiin, da liegt Sand auf der Straße!"
Suzi (schmiert leicht über das Hinterrad weg): "Yiipiiieeee,
das ist ja richtig gut ... rabroooooooo .... leg' noch ein
Bricket nach."
Ich: "Aber aber aber, wenn wir es übertreiben?"
Suzi (schmiert wieder weg): "Fahr du nur, heut kann uns
nichts passieren .... brooooaaaaaaa!"
Wir haben es tatsächlich bis zu unserem Stamm-Café
geschafft. Suzi entspannt sich. Die Hitze entweicht wohlig
dem tickenden Motor: "Reg dich ab ... war kein
schlechter Dreh ... lass uns das bald mal wieder tun ...brrmmmmmmmmmmmmmh."
Ich hingegen versuche meine weichen Knie zu ignorieren,
sehne mich nach 'nem starken Kaffee.
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Nr. 25 bis 27 - Alte Liebe
rostet nicht
Die erste GS 400 blieb für mich und die Frau an meiner
Seite unvergessen. Viele Jahre später wurde die alte Liebe
wieder entfacht, als wir 1992 ein heruntergekommenes Exemplar
(Nr. 25) entdeckten. Zum Fahren zu schlecht, zum
Verschrotten zu schade, aber der Preis stimmte. |
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Also wurde die “Black Suzi”,
ein seltenes Sondermodell in den Familien-Kombi
geladen und in die heimatliche Garage
überführt.
Dort folgte eine Behandlung auf der
Intensivstation: Keine Schraube blieb
ungeöffnet, eine Kiste Ersatzteile wurde
verbaut, Teile lackiert, poliert, eingestellt -
und nach Monaten tuckerte die Suzi wieder wie
einst, pünktlich zum Geburtstag der Chefin,
natürlich in ihrer traditionellen Motorradfarbe
- Blau! Geht die Fahrt Richtung Odenwald, werden
die alten Zeiten wieder wach. Die anderen 400er
(Nr. 26, 27) schlummern derweil im Keller, bis auch sie
wieder geweckt werden - man weiß ja nie. |
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Unsere kleine, nette GS 400 gehört eigentlich meiner
Frau, die sich vor etlichen Jahren zuerst in die GS und
danach in mich verliebte. Manchmal wird mir der
Zündschlüssel überlassen und ich darf sie fliegen lassen.
Wenn ich dann in die Garage komme, meine ich, unter der
Abdeckplane ein Wispern zu hören. "Hey Papa, wann
spielen wir wieder miteinander?"
Drehe ich den Zündschlüssel, erwacht sie zum Leben: "Na
komm, ich kann es kaum erwarten .... putputput!"
Auf dem Weg zu meiner Hausstrecke ignoriert sie wie ein Kind
die ersten Geschwindigkeitsbegrenzungen, rollt über eine
dunkelgelbe Ampel und meckert über langsame Automobilisten.
Doch dann kommen die Kurven: "Banzaiiiii ......!"
Es kratzt, es wackelt und mir wird's mulmig. Sie hingegen:
"Was ist los mit dir? Ich find's cool. Alles unter
Kontrolle. ... Jipiiie!" Richtig, die Kleine hat das
Gemüt einer 14-Jährigen.
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Nr. 28 bis 29 - Heiß, wild,
schnell ... die richtige Katana
Kaum ein Motorrad wurde 1982
so zwiespältig aufgenommen, wie die GSX 750 S
Katana. Das deutsche target DESIGN Team skizzierte eine brutal
konsequente Linie, die begeisterte oder
abstieß. |
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Das Fahrwerk ist gnadenlos sportlich,
doch die Bremsen sind nur Mittelklasse und die
Anti-Dive-Vorderradfederung teilweise wirkungslos, aber
der Motor ist ein Sahnestück. Mit der höchsten
Leistung seiner Zeit, gleichmäßiger und
elastischer Charakteristik, geriet er besonders
ausgewogen. Die GSX 750 Katana begeistert noch
heute eine eingeschworene Fangemeinde. Für mich
wurde der Wunsch, eine dieser Klassiker
zu besitzen, erst 1995 Wirklichkeit.
Wieder wurde die Mühle (Nr. 28) auseinander
genommen und komplett
neu aufgebaut. Sie sollte ganz original, wie an ihrem ersten
Tag werden. Nr. 29 diente als Ersatzteilträger.
Das
Warten und alle Mühen haben sich gelohnt, denn meine Katana 750
ist Leidenschaft pur, so ganz Weib - ja eigentlich schon
mehr Domina. Sie macht stets Ernst, braucht es hart, will
alles und zwar gleich.
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Sie hat nichts von der Verspieltheit
der 400er oder der Zickigkeit der 650er. Langsam fahren ist
mit so einem Urvieh nicht drin. Beim Druck auf den Starter tönt es: "Verdammt, wo hast
du so lange gesteckt, Feigling. Komm endlich in die Gänge.
Wir haben keine Zeit ... brmmmmm!" Die Stadt fliegt
vorbei, die Landstrasse liegt vor uns und sie stürzt sich auf
die Kurven wie ein wildes Tier. Ich werde zu einem
Statisten: "Los Junge, schneller, weiter, zeigen wir es
Ihnen ... tu mir weh ... broooaaaaa ... gib' es mir... gut
so ... oh jetzt ... jaaaaaaa!"
Wieder zu Hause brauche ich lange, um ruhiger zu atmen. Ich
denke an Leder, Gummi, Peitschen und Fesseln. Vielleicht
würde auch eine kalte Dusche helfen.
Bin ich noch zu retten? Vollkommen durchgeknallt? Wer ähnliches erlebt hat oder ein Gegenmittel hat, melde
sich bei mir.
Doch ernsthaft, ich bin einfach nur total begeistert von alter
Motorradtechnik, die ich erhalten, besitzen und genießen
möchte. Dass dabei manchmal meine Phantasie durchgeht, ist ein
eher angenehmer Nebeneffekt.
Im wirklichen Leben überwiegt die Vernunft. Vielleicht
konnte ich deshalb bei einem kleinen Missgriff nicht
widerstehen - meinem nächsten Restaurierungsobjekt.
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Nr. 30 bis 32 - Little CB 50,
last Edition
Eigentlich war die Zeit der
Kleinkrafträder schon längst vorbei, als 1978 Honda
die kleine CB 50 als Nachfolgerin der SS 50 auf den
Markt brachte. Die wilden Jahre waren
Vergangenheit, daher fehlte der CB auch die
Sportlichkeit und Linie der SS. Folgerichtig
wurde der Motor gedrosselt und die Kleine
fristete ihr Dasein als Mokick. Schade, denn ihr
Einzylinder-Viertakter war ein Meisterstück und
durchaus für Höheres geboren. Die mechanische
Scheibenbremse trug zur erwachsenen Optik bei.
Sie wurde dennoch ein Erfolg, da sie billig,
zuverlässig und so eine echte Honda war. Meist
sah man sie mit Gemüse, Taschen und Schulzeug
beladen arbeitsam durch die Stadt schnurren.
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Ich entdeckte meine Nr. 30 im
Sommer 1994 bei einem Weinbauern
unter Kisten und konnte sie aus Nostalgie nicht
stehen lassen, da hatte sie schon 26 Jahre auf
dem Buckel. Schnell folgen 2 weitere, um die
Ersatzteilproblematik zu entspannen. Alle waren
von mehreren Generationen Nachwuchsrennfahrern
gnadenlos zusammengeritten worden.
Einen Winter hatten meine Hände endlich wieder etwas
zum Schrauben und im Frühjahr pötterte die
kleine CB wieder gemütlich vor sich hin. Mein Sohn
fuhr mit ihr die ersten Meter auf zwei Rädern. |
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Nr.
33 - Mit der kleinen GT zurück zu den Wurzeln
Manchmal kommt man an Motorräder, die man nie
beachtet hat. Wolfgang liebt Zweitakter, besaß eine
nette SUZUKI GT 125 und hatte keine Zeit für die
Restaurierung. |
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Er wollte, dass sie in gute
Hände kommt und so stand ich plötzlich im
Sommer 2000 vor der Wahl: Ins Auto laden oder
die Kleine einem ungewissen Schicksal
überlassen.
Die GT 125 war ein
Mopedle, das die glorreichen Zweitaktwurzeln von
SUZUKI repräsentierte: Ein flotter
Zweizylinder, RAM-AIR-System, Getrenntschmierung
und klassische Linien.
Wer kann so ein Schätzchen links liegen lassen?
Ich jedenfalls nicht und so machte ich mich im
Winter 2005 endlich an die Arbeit.
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Alles
musste auseinander, viele Ersatzteile beschafft
werden. Das ist bei GT-Modellen ungleich schwerer als
bei den jüngeren GS. Gut, dass es einige Fans gibt,
die aus geheimen Quellen immer noch das ein oder
andere Teil besorgen können. Ich freue mich schon auf
die ersten Lebensäußerungen der 14PS-Biene.
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Nr. 34 - Sag niemals nie!
Das größte Problem an meiner Motorradgeschichte ist, dass Garage, Keller und Hobbyraum bis unter die Decke mit
altem Eisen voll gestellt sind. Keine Chance zum nächsten
Suzuki-Händler zu gehen und sich mal ganz unverbindlich
diese knackigen Bandits, SVs oder die scharfen GSX-Rs
anzuschauen - dachte ich.
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Als die Jahre so an mir
vorbeizogen, kam doch der Wunsch auf, mal
aktuelle Motorradtechnik zu bewegen. Klassisch
sollte sie dennoch sein. Power und Drehmoment
wären auch nicht schlecht.
Aber noch ein Motorrad? Doch irgendwann muss man
sich klar werden: Wenn nicht jetzt, wann dann?
So sicherte ich mir eine der letzten
luftgekühlten Bandits, meine Nr. 34. Die GSF
1200 SA erblickte 2006 die Sonne von
Hasamatsu und war im April 2007 endlich mein!
Die anderen SUZUKIs sind natürlich nicht
vergessen, sondern werden jetzt geschont und an
sonnigen Tagen bewegt. |
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Mit diesen Fahrzeugen kann ich je nach Laune
wahre Zeitreisen erleben: Vom kleinen Zweitakter,
über die treuen Katanas bis zur souveränen Bandit.
Vom scharfen mittelalterlichen Schwert zum modernen
Schnellfeuergewehr.
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Wer weiß, wie diesen Geschichte noch weiter geht!
© Michael
(06.04.07
) [Start]
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