Honda erobert den europäischen Markt

Verzweiflung und Aufbruch lagen am Anfang der 60er nahe beieinander.
In Deutschland war das Zweiradgeschäft anfangs beinahe tot und die Perspektiven trostlos. Doch die Biker auf der anderen Seite des Atlantik hatten das "neue Motorrad" schon längst für sich entdeckt. In den USA war es Spaßmobil, Sportgerät und Abenteuervehikel - perfekt, um aus der Spießergesellschaft auszubrechen. Die Musikgruppe "Steppenwolf" brachte dieses Gefühl mit einem unvergesslichen Klassiker auf den Punkt: "Born to be wild".
Jetzt war es an der Zeit,  dass auch in unserem Land der Motorradmarkt zu neuen Ufern aufbrach.

Mit Sport zu neuen Ufern
Die japanische Invasion wurde geschickt vorbereitet und als Türöffner für Europa der Sport benutzt. So waren Hondas damals bei uns schon nicht mehr ganz unbekannt. Doch nur echte Sportfans, die die Reise zur TT auf der Isle of Man nicht scheuten, konnten diese Exoten bereits 1959 in Aktion bewundern.
Die tollkühnen Reisbrenner ließen es so richtig fliegen und man konnte auf Anhieb in der 125er Klasse die Team-Wertung gewinnen.
Das war erst der Anfang und nur zwei Jahre später hatten die unvergessenen Tom Phillis und Mike Hailwood die 125er -bzw. die 250er-Straßenweltmeisterschaft gewonnen.

Die ersten Hondas
Das blieb auch einem Franz Steib, der sich durch seine Seitenwagen einen Namen gemacht hatte, nicht verborgen. Kaum bekannt ist jedoch, dass er die erste Honda auf deutsche Straßen brachte. 
Schon 1959 ließ sich der wackere Franz eine Honda C 72 (250 ccm, Zweizylinder) zu seinem ganz privaten Vergnügen nach Nürnberg bringen.
Als er die kleine Japanerin in seine Werkstatt brachte, wusste er noch nicht, welche Konsequenzen das haben sollte. Der Moment sollte in die deutsche Motorradgeschichte eingehen.
Die ersten käuflichen Hondas sah Deutschland im Frühjahr 1960. Der Hamburger Motorradhändler Meller hatte zwar jede Menge Pioniergeist, aber ein echtes Geschäft machte er damit nicht. Nur wenige Maschinen verließen seinen Laden.
Die Japaner aus dem Stammwerk gingen die Sache professioneller an. Im Mai 1961 landete man offiziell an unseren Küsten: Soichiro Honda hatte den Weitblick und gründete mit der  "European Honda Motor Trading GmbH" die erste deutsche Werksniederlassung.
Hamburg suchte er mit Bedacht als den europäischen Firmensitz aus. Die Verwaltung lag zentral und Honda hatte den Hafen direkt vor der Tür. Alle Lieferungen kamen nämlich per Container auf dem Seeweg aus dem fernen Japan in die Metropole.
Konsequent schrieb er seinen Leuten in Hamburg ins Stammbuch: "Erobert den europäischen Markt". Leicht gesagt, denn ans Motorradfahren dachten immer noch Wenige und Verkaufserfolge wollten sich zunächst nicht einstellen.
   
Mutige Händler drehen auf.
Man verlor den Mut aber nicht. Systematisch wurden engagierte Mitarbeiter gesucht, ein Verwaltungsapparat aufgebaut und die ersten Vertragshändler verpflichtet, zu denen Spaett in München, Umbeer in Karlsruhe, Kannenberg in Berlin und Röth in Hammelbach gehörten.
Denen musste man zunächst überzeugend erklären, dass die unüblich hochtourigen Viertaktmaschinen auch hielten. 
Immerhin leistete die 125er CB 92 Super Sport bereits 15 PS bei 10.500 U/min und die 250er CB 72 Super Sport gar astronomische 24 PS bei 9000/min. Die Skepsis der wackeren Werkstattmänner  und ihrer Kunden gegenüber hochgezüchteter Renntechnik für die Strasse war immens: Das musste doch kaputt gehen und woher dann die Ersatzteile bekommen?
Schließlich leistete ein "normales" Motorrad, wie die NSU Max brave 18 PS. Von der wusste man, dass es hielt - meistens wenigstens.
Auch der bundesdeutsche Meinungsbildner und "MOTORRAD"-Tester Ernst Leverkus wollte es nicht glauben. Über die 125er urteilte "Klacks" misstrauisch: "Lässt sich solch eine Leistung überhaupt aus so einem kleinen Uhrmacher-Motor mit seiner Kompliziertheit bei Massenherstellung herausholen... ?" 
Eigentlich eine vernichtende Aussage, doch hier sollte sich der Guru gründlich täuschen. Die Technik widersprach zwar allen bekannten Regeln, strafte aber alle Unkenrufe Lügen und Honda war ab Mitte der 60er nicht mehr aufzuhalten.

Als Nächstes schlug die Stunde der zweiten großen japanischen Motorradmarke - Yamaha. 

Bilder: Honda
© Michael (04.10.03 )    [Start]