Die erste Generation

Nicht für den sofortigen Verbrauch bestimmt.
Wie viele Fahrzeugtypen hat es gegeben, die zunächst Teil der grauen Masse waren, die, obwohl Serienprodukt, schließlich mehr als ein Fortbewegungsmittel wurden und zu denen ihre Besitzer(innen) eine innige Beziehung aufgebaut haben? 
Bei den Automobilen erinnern wir uns an den VW Käfer, den Ford Capri, den Opel Manta oder solche Exoten, wie die üppig motorisierten amerikanischen Muscle-Cars der 70er Jahre. Bei den Motorrädern sind dies die Kawasaki Z-Modelle, einige Honda CBs und die frühen Suzuki GS-Typen.
Sie alle waren eigentlich Massenprodukte reinsten Wassers, gebaut für "Ex und hopp", doch haben sie eine eigene Geschichte entwickelt und eine verschworene Anhängerschaft hält ihnen noch heute die Treue.
Die Suzuki GS ist dabei etwas Besonderes. Ihre Motoren gelten in der Regel als "unkaputtbar", ihre Zuverlässigkeit ist überdurchschnittlich und ihr Aussehen - ürsprünglich eher bieder - gefiel beinahe jedem und gilt heute als klassisch.
GS-Besitzer(innen) haben sich oft diese Bikes in frühen Jahren gekauft und sind irgendwie an ihnen hängengeblieben. Zunächst weil der Wiederverkaufswert ins Bodenlose fiel, doch später aus zunehmender Leidenschaft für diese treuen Begleiter. Wer seine GS erst in den späten 80er oder 90er Jahren kaufte, sprach oft von "Liebe auf den ersten Blick" - kein Wunder, bei diesen wunderschönen Linien.
Egal wo eine GS auftaucht, beim Motorradtreff, auf der Autobahn, auf der Rennstrecke oder vor dem Eis-Café, noch heute zieht sie die Blicke auf sich. Grund genug für eine Würdigung ihrer Geschichte.
In den frühen 70ern teilten sich Honda und Kawasaki den Markt für großvolumige Straßen-Viertakter. Yamaha versuchte sein Bestes, um da mitzuhalten, doch Suzuki war praktisch nicht existent. Die Leute aus Hamamatsu hielten mit Inbrunst am Zweitakt-Konzept fest. Vielleicht um eine Alternative zu bieten, stürzte sich Suzuki in das Wankel-Experiment. Die RE 5 war genial, krankte aber an allen erdenklichen technischen Schwierigkeiten und wurde ein regelrechter Flopp.
Als noch die Wunden geleckt wurden, besann man sich bei Suzuki der alten Stärken: Das neue Motorrad sollte eines für jedermann werden, der Konkurrenz zwar voraus, aber um Gottes willen kein Exot! Die richtige Mixtur versprach man sich in einem niedrigen Preis, hoher Leistung, guter Ausstattung, Zuverlässigkeit -und ein Viertakter musste es auch sein. Das Ergebnis war die GS-Baureihe.
   
Die Ersten aus der Taufe gehoben
Die ersten Ideen zum neuen Modell wurden bereits Ende der 60er zu Papier gebracht, doch verschwanden bald wieder in den Archiven. Die Arbeiten konnten durch die dringenden Entwicklungen am Wankel-Motor nicht zügig umgesetzt werden. 1972 unternahm man einen neuen Anlauf und 9 Monate später standen die ersten Prototypen auf dem Prüfstand.
Endlich - es war bereits 1976 - standen die ersten Modelle, die GS 400 und die GS 750, bei den Händlern. 
Jitsujiro Suzuki sagte zur Einführung: "Die Viertakter sollen unseren Produktionsbereich erweitern, aber keineswegs die herkömmlichen Zweitakter-Modelle ersetzen."
Da irrte der Präsident gewaltig, denn die neue Generation mit obenliegenden Nockenwellen wurde zum Synonym für Zuverlässigkeit und Leistungsstärke. Kein Wunder also, dass die immer zahlreicher werdende Modellpalette die Zweitakter fast vollständig aus dem Programm verdrängten.
Dass Suzuki bei der GS-Einführung auf dem europäischen Markt ein wenig länger gebraucht hatte, lies sich verschmerzen. Hier wurde nicht einfach ein für den US-Markt entwickeltes Motorrad nach Europa geschippert. Vielmehr wurden Motoren, Getriebe und Fahrwerke im deutschen Odenwald ausgiebigst getestet und auf hiesige Straßenverhältnisse und Anforderungen abgestimmt.

Ein guter Baukasten wird ergänzt
Es folgte daher bald die GS 500 und die GS 550, als Einstieg in die Vierzylinderklasse für Leute, denen es mehr auf Wirtschaftlichkeit als auf schiere Leistung ankam.
Alle GS- Motoren zeichneten sich doch niedrige mechanische Geräusche und eine hohe Laufkultur aus. Sie hielten durch, wenn ihnen die volle Leistung abverlangt wurde und wurden so allmählich zum Motorrad für Jedermann. Suzuki hatte es geschafft: Die neue Generation setzte in Ihrer Zeit neue Maßstäbe und machte Hamamatsu endlich zu einem der ganz großen japanischen Motorradhersteller.

 

  
© Michael (04.10.03 )    [Start]