Kraftstoffverlust am Vergaser und Benzinhahn stoppen

Dein Motorrad ruckelt stark, nach dem Abstellen bemerkst du Benzingeruch. Aus den Überlaufschläuchen, die vor der Hinterradschwinge heruntergeführt werden, aus dem Vergaser oder gar aus dem Luftfilterkasten tropft der teure Saft. Auf dem Motorblock steht eine Spritpfütze. Beim Ölwechsel fällt Dir auf, das das Öl stark nach Benzin riecht. 

Was ist da los? Keine Panik, es gibt einige typische Ursachen für solche Unbill. Aber bevor Du nach diesen forschst, beachte unbedingt folgende Vorsichtsmaßnahmen: Nicht in geschlossenen Räumen arbeiten, Gummihandschuhe tragen und - logisch - kein offenes Feuer (Rauchen!) in unmittelbarer Nähe!

Spritverlust nach langer Standzeit
ist bei den GS- oder GSX-Vergasern beinahe normal. Wahrscheinlich wurde der Kraftstoff vor der (Winter-)Pause, wie es sich gehört, aus den Vergasern abgelassen. Alle Gummi-O-Ringe sind jetzt ausgetrocknet,  leicht geschrumpft und dichten nicht mehr einwandfrei ab. Ein typisches Zeichen für diesen Zustand ist es, wenn Benzin direkt an den Vergasern herunterläuft.
Alles was Du in der Regel tun musst, ist einfach abwarten. Lass über die PRI-Stellung des Benzinhahns genügend Benzin in die Schwimmerkammern fließen, wische überschüssiges Benzin sorgfältig auf und lass das Motorrad über Nacht einfach stehen. Die O-Ringe quellen durch die Benzindämpfe zur richtigen Stärke auf und die Sache ist wieder dicht.
Falls nicht, ist das Problem woanders zu suchen und Du musst weiter lesen.

Braune Spritspuren am Vergaser
besonders auf den waagrechten Flächen deuten auf undichte Benzinschläuche,  defekte Dichtungen oder O-Ringe hin. Entweder sind diese alt und porös oder sie dichten an den Anschlüssen nicht mehr richtig ab.
Du solltest die defekten Teile daher ersetzen und auch die kleinen Drahtklemmen an den Schlauchanschlüssen wieder montieren.
Standard-O-Ringe können am Vergaser übrigens nicht verwendet werden, da sie nicht resistent gegen Benzin sind. 

Kurzzeitiger Spritverlust im normalen Betrieb
der nach kurzer Zeit aufhört, wenn der Motor abgestellt wird und bei dem Benzin aus einem oder mehreren Überlaufschläuchen heraustropft, hat seinen Ursache in defekten Schwimmernadelventilen oder einem zu hohen Kraftstoffstand in den Schwimmerkammern.
Tipp: Schwimmernadelventile sollte man natürlich ersetzen. Mit etwas Gefühl und als Notreparatur lassen sie sich jedoch auch mit Scheuermilch oder Chrompolitur neu einschleifen.

Dauernder Spritverlust im normalen Betrieb
bei dem Benzin aus einem oder mehreren Überlaufschläuchen heraustropft, ist meist eine Kombination von mehreren Defekten. Die GS-/GSX-Modelle haben einen unterdruckgesteuerten Benzinhahn, der normalerweise in der ON-Stellung nur Benzin durchlässt, wenn der Motor läuft und im Ansaugtrakt ein Unterdruck herrscht. Der entsprechende Vacuumschlauch ist bei Vierzylindern an den Vergaser Nr. 2 und bei Zweizylindern an den linken Vergaser angeschlossen.
Wird der Motor abgestellt, schließt dann der Benzinhahn nicht mehr richtig und sind  zudem noch die Schwimmernadelventile undicht, kann auch im Stand stetig Benzin nachfließen und tropft schließlich aus dem Überlauf heraus. Aber nicht nur das, der  ....

Sprit sammelt sich im Zylinderraum oder im Kurbelgehäuse!
Wird das Problem nicht frühzeitig erkannt wird, kann der Kraftstoff durch die Ansaugseite bis in den Verbrennungsraum laufen. Das ist besonders übel, denn jetzt ist der Motor akut gefährdet. Beim nächsten Anlassen kann der Kolben mit Macht gegen die Flüssigkeit knallen und die Pleuelstange verbogen werden! 
Hat man das erkannt, müssen die Zündkerzen herausgeschraubt werden und das Benzin durch Betätigen des Starters aus dem Verbrennungsraum herausbefördert werden.
Sind die Kolbenringe nicht mehr besonders dicht, kann der Sprit an ihnen vorbei auch ins Kurbelgehäuse fließen und dort das Öl langsam verdünnen, bis es zu dünn für die Schmierung ist. Die Folge ist ein Kolbenfresser. Typisch für dieses Problem ist die wundersame Vermehrung des Öls und ein starker Benzingeruch beim Ölwechsel.

Starkes Ruckeln beim Fahren
ist Erich passiert, von dem dieser Tipp stammt. Seine GS 450 fing plötzlich beim Fahren stark an zu ruckeln. Bei Konstantfahrt ohne Beschleunigen blieb alles ganz ruhig, aber beim Beschleunigen wurde die GS bockig: Zuerst keine Beschleunigung und plötzlich ein starker Schub, dann wieder garnichts und wieder starker Schub, usw.
Er fand heraus, dass im linken Zylinder und Auspuff immer viel Kraftstaff war und das Gemisch nicht richtig zünden konnte. Es waren nicht die Zündkerzen, die Schwimmernadel und die Dichtungen, sondern eine undichte Unterdruckmembran im Benzinhahn! 

Haben wir die Ursache etwas eingegrenzt, können wir jetzt die einzelnen Bauteile auf ihre richtige Funktion hin untersuchen.
   

Benzinschlauch prüfen
Hierzu suchst Du nach feuchten Stellen am Schlauch und an den Anschlüssen. Wird der Schlauch stark geknickt, dürfen keine Risse sichtbar werden. Die Schlauchenden sollten keine Längsrisse aufweisen. Der Schlauch sollte sich nur mit großer Kraft von den Anschlüssen ziehen lassen und auch die kleinen Drahtschellen müssen stets montiert sein.
   
Benzinhahn prüfen
Zunächst wird der Schlauch vom Anschluss am Benzinhahn abgezogen. In der ON- und RES-Stellung darf jetzt kein Benzin heraustropfen, wohl aber in der PRI-Stellung. Gehst Du wieder in die ON-Stellung und lässt den Motor kurz an, muss Benzin fließen. Dazu stellst Du unbedingt ein Gefäß unter den Benzinhahn, damit kein Kraftstoff auf den möglicherweise heißen Motor tropft. 
Manchmal hilft das Reinigen der Innereien. Eine kaputte Membran erkennt man daran, dass sie auf beiden Seiten feucht ist oder wenn aus dem Unterdruckschlauch beim vorsichtigen Ansaugen Benzin austritt. Ist die Membran oder eine Dichtung defekt, muss repariert werden. Dazu gibt es im Zubehörhandel spezielle Reparatursätze mit Membran, Ventil und allen nötigen Dichtungen.
Hier findet ihr mehr Infos zur Reparatur des Benzinhahns.
   
Schwimmernadelventile prüfen
ist schon etwas aufwendiger. Am besten werden dazu die Vergaser ausgebaut und der Schwimmerkammerdeckel entfernt.
Die Vergaser werden in der normalen Einbaulage auf die Werkbank gestellt und die Schwimmer (z.B. mit Holzkeilen oder starkem Schaumstoff) nach oben gedrückt, so dass die Schwimmernadelventile geschlossen sind.
Nun wird eine Kunststoffflasche (die man auch zum Vergasereinstellen verwendet) an die Benzinleitung angeschlossen und beobachtet, ob Benzin aus einer Schwimmerkammer tropft. Falls ja, ist das Ventil defekt oder verschmutzt und muss gereinigt oder ausgetauscht werden. Übrigens sind auch neue Ventile manchmal nicht dicht!
Ein defektes Schwimmernadelventil ist oft auch die Ursache für ein zu fettes Gemisch beim entsprechenden Zylinder. Das Kerzenbild sagt darüber mehr. Übrigens hilft bei Undichtigkeit auch manchmal das Nachschleifen des Ventilsitzes mit einem Wattestäbchen und Chrompolitur.
   
Dichtringe prüfen
Einige Vergaserteile werden mit superkleinen und ultrateuren O-Ringen abgedichtet, die benzinresistent sein müssen. Eine Alternative zum Original-Ersatzteil sind manchmal die Dichtringe, die sich in Einwegfeuerzeugen finden. Einfach mal ausprobieren, ob sie passen!

© Michael (01.02.17 )    [Start]