Ventilschaftdichtungen erneuern

Im Laufe der Zeit verspröden oder verschleißen die Ventilschaftdichtungen. Diese Dichtringe sehen ähnlich aus wie Wellendichtringe und sollen verhindern, dass sich Motoröl seinen Weg zwischen Ventilschaft und -führung nach draußen bahnt. Ist es soweit, erkennt man das meist an leichten Ölwölkchen, die besonders beim Gaswegnehmen aus dem Auspuff kommen. Hier wird beschrieben, wie man die Übeltäter ohne große Probleme erneuert.
   
Ventilfedern entlasten
Um die Schaftdichtungen auszubauen, muss zunächst die Ventilfeder entlastet werden. Das geht am besten mit einem Ventilheber. Es gibt Profigeräte, die man mit eingebautem Zylinderkopf verwenden kann. Hat man jedoch nur ein einfaches Gerät zur Verfügung, das mit einer Schraubzwinge arbeitet, muss der Zylinderkopf ausgebaut werden.
Sind Nockenwellen, Stößel und Kipphebel entfernt, setzt man das Werkzeug am Ventilteller und den Federn wie im Bild gezeigt an. Wird es betätigt, werden die Ventilfedern zusammen gedrückt, ohne dass der Ventilschaft mitgeht.
   
Ventilfedern entlasten ohne Motorausbau
Wenn der Zylinderkopf nicht ausgebaut werden soll, verwendet man ein Gerät, wie es im Bild gezeigt wird. Man schraubt es in ein Kerzenloch, setzt das Druckstück auf den Ventilteller und schließt am oben zu erkennenden Luftanschluss einen Druckluftschlauch an. Gibt man etwa 6 - 10 bar Druck in den Zylinder, bleiben die Ventile bombenfest an ihren Sitz gepresst.
Drückt man jetzt den Hebel nach oben, werden nur die Ventilfedern zusammen gedrückt. Da Luft zwischen Zylinder und Kolben entweicht, sollte man die Öleinfüllschraube öffnen, damit sich nicht zu viel Druck im Motorraum bilden kann. 
Natürlich muss während den folgenden Arbeitsschritte der Kompressor, der den Druck liefert, angeschlossen bleiben, sonst fallen die Ventile in den Verbrennungsraum.
   
Ventilfedern ausbauen
Üblicherweise sieht man jetzt die beiden Ventilkeile zwischen Ventilschaft und Federteller. Manchmal sind die Keile jedoch etwas verklemmt, springen beim Entlasten der Feder gerne heraus und landen unerreichbar unter der Werkbank. Legt man einen Lappen über den Zylinderkopf kann das nicht passieren.
Die Ventilkeile entfernt man am besten mit einer Pinzette. Jetzt kann man den oberen Federteller und die beiden Ventilfedern aus dem Zylinderkopf herausziehen.
Auf der Ventilführung seht Ihr jetzt die Schaftdichtung.
Jetzt muss unbedingt der Ventilschaft im Bereich des Sitzes der Ventilkeile entgratet werden. Dort bildet sich manchmal ein kaum sichtbarer, sehr feiner Grat, der unbedingt entfernt werden muss. Das geht am besten mit feinem Schmirgelleinen (400er Körnung o.ä.).
Versäumt man dies, wird beim Einsetzen neuer Schaftdichtungen sofort die empfindliche Dichtlippe geschädigt und der Ölverbrauch wird sich baldigst wieder in bekannten Regionen einpendeln. Die alten Schaftdichtungen, die sowieso entsorgt werden, betrifft dies weniger. 
Nach dem Entgraten kann man die Ventile aus der Führung ziehen. Wer dies schon getan hat, wird feststellen, dass sie sich ohne Entgraten oft nur mit Widerstand durch die Führungen pressen lassen. Wird Gewalt angewendet, darf man damit auch die Ventilführungen erneuern, denn das Schaftspiel zwischen Führung und Schaft hat man mit dieser Aktion deutlich vergrößert. Wird der Schaft aber entgratet, saugen sich die Ventile durch ihr Eigengewicht nach unten in den Brennraum. 
Dieser Tipp stammt von Michael aus Wuppertal.
   
Schaftdichtung und Federsitzteller ausbauen
Gut ausgerüstete Schrauber verwenden hierfür eine spezielle Zange, mit der man die Ventilschaftdichtung und auch den darunter sitzenden unteren Federsitzteller ganz leicht herausziehen kann.
Also: Die Zange ansetzen, fest zudrücken und hochziehen. Dabei etwas hin und her drehen, wenn die Schaftdichtung nicht gleich raus will.
Zur Not tut es auch eine so genannte "Telefonzange" mit geraden oder gebogenen Greifbacken. Hier muss man aber sehr vorsichtig arbeiten, um die Ventilführung nicht zu beschädigen.
   
An dieser Stelle sollte man die Gelegenheit nutzen und alle Bauteile mit einem sauberen Lappen gründlich reinigen. Auch die Ventilführung nicht vergessen! Bei hartnäckigen Verschmutzungen hilft Waschbenzin.
   
Neue Schaftdichtung montieren
Nun montieren wir den unteren Federsitzteller und führen das Ventil wieder ein. Dabei den Sitzteller und den Ventilschaft leicht einölen. Nun wird die neue Schaftdichtung von Hand vorsichtig über den Ventilschaft gezogen und bis zur Ventilführung gedrückt.
Verfügt man über einen Schaftdichtungspositionierer, wird der über den Ventilschaft gestülpt und mit der Schaftdichtung in Position gebracht. 
Hat man keinen professionellen Positionierer, kann man sich auch mit einem passenden Rohrstück behelfen, das sorgfältig entgratet sein muss und zum Dichtungsdurchmesser passt.
Von Hand oder mit vorsichtigen Hammerschlägen auf das Werkzeug schiebt man die Schaftdichtung nach unten, bis sie auf der Ventilführung einrastet. Bitte mit Gefühl arbeiten, sonst ist die schöne neue Dichtung gleich wieder hin! Aber keine Angst: Man merkt und hört es, wenn die Schaftdichtung unten am richtigen Punkt angekommen ist. Besonders eifrige Schrauber vergessen übrigens gerne den unteren Federsitzteller. Ist der nicht drin, müsst Ihr die Schaftdichtung wieder herausziehen, die dabei in der Regel zerstört wird.

Sind wir ohne Bruch soweit gekommen, werden wieder die Ventilfedern und der obere Federsitzteller eingesetzt. Danach kann man mit dem Ventilheber die Ventilkeile montieren und den Zylinderkopf wieder einbauen.
Bei all diesen Arbeiten ist es empfehlenswert, die Position der Bauteile zu notieren und diese an die alten Positionen einzubauen. Das gilt besonders für die Ventile. 

© Schibi, Michael (11.04.07 )    [Start]