Radlager wechseln 

Radlager werden in einem langen Motorradlaben heftig strapaziert, ohne dass man ihnen viel Pflege angedeihen lässt. Bei fortgeschrittener Kilometerleistung  ist das Grund genug, beim Reifenwechsel mal nach den kleinen Rundlingen zu schauen.
Dazu steckt man den Finger nacheinander in den Innenring der beiden Lager und dreht diese. Laufen sie rauh oder haben fühlbares Spiel, sind sie fällig und müssen getauscht werden.
   
Aufbau einer Radnabe
Die beiden Radlager (2) befinden sich in der Radnabe (1). Durch eine Distanzhülse (3) werden sie auf Abstand gehalten. 
Bei SUZUKI werden meist einseitig oder beidseitig gekapselte Lager verwendet. Als zusätzlicher Schutz sind von außen noch Abdeckbleche (10, 11) aufgeschraubt.
Weitere Distanzhülsen (7, 8) sorgen dafür, dass das Rad zentrisch ins Fahrgestell sitzt.
Auf dem Bild könnt ihr noch den Tachantrieb (12), die Bremsscheibe (13) mit den Anbauteilen und die Steckachse (4) erkennen.
Bevor es den Radlagern an den Kragen geht, müsst ihr natürlich das entsprechende Rad ausbauen. Das wird hier am Beispiel eines Hinterrades der Kardanmodelle erklärt. Bei anderen Rädern müsst ihr in ähnlicher Weise vorgehen. 
Ist das geschafft, wird die Bremsscheibe demontiert, wenn vorhanden.

Radlager ausbauen
Wenn die Lager (2) seitlich mit separaten Dichtringen versehen sind, kann man diese mit einem kleinen Motorrad-Reifenmontierhebel heraushebeln. Bei SUZUKI werden meist gekapselte Lager verbaut und gibt es keine zusätzlichen Dichtringe.
Bei manchen Radtypen sind ein oder beide Radlager mit einem Aussen-Sicherungsring (sogenannter Seegerring) in der Bohrung der Nabe gehalten. Falls das der Fall ist, müssen die Ringe mit einem geeignetem Werkzeug (sogenannte Seegerring-Zange) entfernt werden.
Nun einen Dorn, Stahlbolzen oder Durchschlag nehmen, dessen Durchmesser einige Millimeter dünner als die Radachse ist, und versuchen, die Distanzhülse (3) zwischen den Lagern in radialer Richtung zu verschieben. Dazu mit einem Hammer leicht radial auf den Dorn klopfen, bis die Hülse soweit verschoben ist, dass der Innenring des gegenüberliegenden Lagers gut sichtbar wird.
Die Distanzhülse ist mit einem Ring versehen, der sie zentrisch zur Nabe hält. Da der Ring asymmetrisch bei ca. 1/3 der axialen Länge aufgebracht ist. Klappt das Verschieben also nicht von der einen Seite, probiert man es einfach von der anderen.
Wenn die Hülse zur Seite weicht, kann man mit dem Dorn auf den Innenring des Lagers schlagen und es so aus dem Sitz treiben. Nach jedem Schlag den Schlagpunkt jeweils um 120° versetzen, dann verkantet das Lager nicht.
Ist das erste Radlager entfernt,  kann man die Distanzhülse entnehmen und das zweite Lager in ähnlicher Weise herausschlagen.

Defektes Radlager Normalerweise ist ein verschlissenes Radlager noch komplett und lässt sich wie oben beschrieben aus der Radnabe heraustreiben. Wenn aber ein kapitaler Lagerschaden aufgetreten ist und einem nur noch Brocken entgegen fallen, wird es kniffelig.
Genau das ist Werner passiert. Als er an seiner Yamaha plötzlich einen kleinen Wackel-Effekt beim Bremsen feststellte, dachte er zunächst an verschlissene Radlager im Vorderrad. Nach dem Ausbau stellte er jedoch fest, dass die in Ordnung waren.
Dann rüttelte er am Hinterrad und erkannte auf der Bremsenseite deutliches Spiel. Also musste das Hinterrad raus und siehe da: Der Lagerkäfig war gebrochen und das gesamte Lager in seine Bestandteile zerlegt. Jetzt ist guter Rat teuer. Doch wer wie Werner eine Werkstatt mit einem Schweißgerät hat, kann sich helfen.
       
Radlager mit Demontierscheibe Man fertigt zunächst eine Scheibe (S) aus Flachstahl, deren Außendurchmesser genau in den Außenring des Lagers passt. Ins Zentrum kommt eine Bohrung, durch die man eine Gewindestange (G = M8) stecken kann. Über und unter der Scheibe werden zwei M8-Muttern eingeschraubt (nicht sichtbar) und das Ganze ins Rad gesteckt.
Mittels der Muttern kann man nun die Höhe der Scheibe in Bezug zum Lagerinnenring gut einstellen und die Scheibe fixieren. Alles ist bereit für den letzten und entscheidenden Schritt.
       
Demontierscheibe über Schweißpunkte fixiert Die Scheibe fixiert Werner am Lagerring mit vier Schweißpunkten. Jetzt werden Muttern und Gewindestange entfernt und die Scheibe übernimmt damit bei der Demontage die Funktion des nicht mehr vorhandenen Lagerinnenrings.
Mit einem Dorn und einigen beherzten Schlägen auf die Scheibe kann man den Lagerring mühelos aus der Radnabe treiben. Die genaue Vorgehensweise ist ja bereits oben beschrieben.

Neue Lager besorgen
Die Größe und Bauart der Lager ist seitlich auf dem Außenring mit einem Code vermerkt. Bei SUZUKI sind meist Lager der Größe "6203" verbaut mit der Dimension 17x40x12. Wenn man Lager in der Ausführung "2RS", d.h. mit beidseitiger Abdichtung verwendet, kann man die alten Dichtringe - sofern vorhanden - wieder verwenden. Sie werden dann nur noch gebraucht um, die Distanzbuchsen (7, 8) der Achse zu führen. Bei ungekapselten Lagern müssen immer neue Dichtringe montiert und die Lager vor dem Einbau mit Lagerfett geschmiert werden. Grundsätzlich sollte man für neue Lager lieber etwas mehr ausgeben und Qualitätslager kaufen. Dann hat man wieder für lange Zeit Ruhe.

Radlager einbauen
Vor dem Einbau der neuen Lager müssen die Lagersitze und die Nut des Sicherungsringes gut gesäubert und leicht einölt werden.
Dann das erste Lager mit einem Hammer eintreiben. Dabei immer nur leicht auf den Aussenring schlagen und den Schlagpunkt jeweils um 120° versetzen. Jetzt kann man die Distanzhülse einschieben und das zweite Lager montieren.
Legt man die neuen Lager vorher eine Weile in die Gefriertruhe, geht's noch etwas leichter. Sitzt das Lager bündig mit der Nabe ist, verwendet man eine große Nuss oder ein passendes Rohr, um das Lager bis zum Anschlag zu treiben. Den erkennt man sehr gut, denn der Ton ändert sich, wenn das Lager anliegt.
Den Sicherungsring nicht vergessen, falls vorhanden. Wenn dieser beim Ausbau "vergewaltigt" wurde, muss er ersetzt werden.
Ganz wichtig: Wälzlager mit Aussensitz, die durch Schläge auf den Innenring ausgebaut wurden, dürfen nicht wiederverwendet werden, weil die Kraft auf die Wälzkörper wirkt und sie ebenso wie der Käfig dabei beschädigt werden.

Rad einbauen
Der Einbau des Rades wird hier am Beispiel eines Hinterrades der Kardanmodelle erklärt. Auch die Radachse und besonders das Gewinde sollte man vor dem Zusammenbau gründlich reinigen und leicht einfetten (Molykote- oder Kupferpaste).
Die Radachse muß nicht mit Gewalt angezogen werden, sie wird oft durch eine axiale Klemmung am Standrohr oder der Schwinge sicher gehalten. Ansonsten mit dem vorgeschriebenen Drehmoment montieren.

Hier noch weitere Hinweise, wie Lager demontiert und montiert werden.

Die vielen Ideen in diesem Artikel stammen von Werner, der mir die freundliche Genehmigung gegeben hat, seine Erfahrungen hier zu veröffentlichen.
© Werner, Michael (12.04.15 )    [Start]