Ölzusätze ... bringen die 'was?

Ölzusätze haben einen guten oder einen schlechten Ruf - je nachdem, wen man gerade fragt. Die einen schwören auf die verlängerte Motorlebensdauer und die bessere Leistung, während andere technische Probleme oder das Loch in ihrem Geldbeutel beklagen. Was ist also dran an den Wundermitteln?
Wenn man sich die verschiedenen Zusätze mal genauer anschaut, stellt man fest, dass sie häufig von wenigen Herstellern kommen - und es gibt sehr viele Marken und Produkte!
Jedes Mittelchen verspricht, dass es phantastische Wirkungen auf beinahe alle Motorparameter hat. Und das ist kein Wunder, denn häufig stecken in den Behältern ähnliche Inhaltsstoffe in jeweils etwas anderer Mischung - wobei die Hersteller meist darauf achten, ihre "geheimen" Mischungen nicht zu nennen.
Lassen wir uns nicht verwirren!
Ganz grob kann man etwa 6 Produktgruppen unterscheiden:

   
Produkte mit PTFE-Zusätzen
Polytetrafluorethylen oder PTFE ist ein Kunststoff , der unter dem Handelsnamen Teflon™ von der DuPont Chemical Corporation verkauft wird und, den wir alle als Bratpfannenbeschichtung kennen. Er liegt hier in einer pulvrigen Form vor und wird mit einem einfachen SAE 50 Öl gemischt, welches die üblichen Additive hat. Fertig ist ein Ölzusatz, der beispielsweise unter den Handelsbezeichnungen "Slick 50, Liquid Ring, Lubrilon, Microlon, Matrix, Petrolon und QMl" vertrieben wird.
Gerade in den USA sind PTFE-basierte Zusätze sehr beliebt und wenn Bratpfannen damit besser funktionieren, warum dann nicht auch Motoren? 
Viele Motorsportler schwören daher auf diese Ölzusätze, während andere Kritik äußern. Interessanterweise hat DuPont, der Patentinhaber von Teflon™ vor etwa 10 Jahren gesagt, dass Teflon™ nicht als Ölzusatz für Verbrennungsmotoren geeignet ist. Man drohte sogar mit Anzeigen, falls der Handelsname in Verbindung mit Ölzusätzen verwendet wurde und verweigerte die Lieferung an die Zusätze-Hersteller.
Die ließen sich aber nicht bluffen und verklagten DuPont, den Handel zu behindern. Seitdem liefert man das Puder wieder, ist aber sehr vorsichtig mit irgendwelchen Stellungnahmen. DuPont sagt, dass "sie keine Information zu Vorteilen haben, welche durch die Verwendung von PTFE in Öl gewonnen werden." Das ist natürlich nicht gerade eine Empfehlung.
Wo liegt aber das Problem? Schaut mal auf die Behälter. Wenn dort steht, dass man den Zusatz vor der Verwendung gut schütteln soll, wird es klar. PTFE ist ein Feststoff, der sich am Boden des Behälters (oder im Motor) absetzt. Eigentlich sollen sich die Partikel - gemäß Hersteller - jedoch an alle beweglichen Teile anlagern und die Reibung massiv vermindern. Klingt gut, oder?
Tatsächlich hat jedoch das amerikanische NASA Lewis Research Center festgestellt, dass sich an den Oberflächen der bewegten Teile kein PTFE angesammelt hat. Stattdessen fand man es vorzugsweise in Hohlräumen und Bohrungen, die es sogar zusetzen kann. Dummerweise dehnt sich dieser Kunststoff bei großer Wärme aus und bleibt gerne im Ölfilter oder in -bohrungen hängen, auch wenn er im Lieferzustand viel kleiner als die Öffnungen im Ölfilter ist. Die Folge ist die Behinderung des Ölflusses, ein geringerer Öldruck und eine schlechtere Schmierung des Motors bei der Verwendung von PTFE-Zusätzen.
Das wird auch durch eine Untersuchung der Universität von Utah bestätigt, die einen Öldruckverlust durch "mögliche" Verstopfung der Ölkanäle feststellten. Außerdem fanden sie nach Anwendung der Zusätze einen doppelt so großen Eisenanteil im Öl wie vorher - also mehr (!) Verschleiß.
In der Untersuchung wurde aber auch nachgewiesen, dass in einem Otto-Motor die Reibung um 13 % vermindert, die Leistung um 5 - 8% erhöht und der Verbrauch um etwa 4% gesenkt wurde.

Meine Schlussfolgerung: Ölzusätze mit PTFE haben ein paar interessante jedoch umstrittene Wirkungen. Wenn aber der Verschleiß ansteigt und Gefahr besteht, dass der Öldruck leidet, spar ich mir lieber das Geld. 

Produkte mit Zinkphosphat-Zusätzen
Noch so ein Wunderstoff, der in Ölzusätzen verkauft wird ist Zink-Dialkyldisiophosphat - sagen wir aber einfach Zink, damit wir uns nicht die Zunge brechen. Eine Handelsmarke mit diesem Zusatz ist beispielsweise "STP".
Dort wird dieses Metall in hoher Konzentration einem 50er Öl beigemischt. Es soll erheblich bessere Eigenschaften als PTFE haben und wurde tatsächlich standardmäßig mit 0,1 - 0,2% in jedem guten Öl als Antiverschleiß-Additiv verwendet. Es wirkt als letzte Barriere, wenn der Ölfilm abreißt und es zu metallischen Kontakten zwischen beweglichen Teilen kommt - z.B. bei hohen Drehzahlen.
Untersuchungen zeigen aber, dass die Schutzwirkung bei diesen extremen Zuständen relativ kurz ist und dass sich Verbrennungsrückstände an Ventilen oder Zündkerzen bilden können. Darüber hinaus ist Zink-Phosphat ein gesundheitsgefährdender Stoff, der niemals in Kontakt mit der Haut oder den Augen kommen sollte. Na, und dummerweise ist es auch tödlich für Katalysatoren. 
Daher haben die meisten Schmierstoffhersteller den Anteil von Zink-Phosphat in Ölen in den letzten Jahren kontinuierlich auf 0,02 to 0,03% zurückgefahren. 
Gerade bei hochbelasteten Motorrad-Motoren ohne Katalysator wäre daher eine Extra-Portion von diesem Verschleiß-Blocker gar nicht unwillkommen. Andererseits kann man den Verschleiß auch mit sehr guten Ölen - eventuell speziellen Motorrad-Ölen - in den Griff bekommen.

Meine Schlussfolgerung: Da ich meiner alten GS keine stundenlangen Rennen oder Vollgasfahrten zumute, sie schön warm fahre und häufig das Öl wechsele, kann ich auf das Mittelchen verzichten und ärgere mich nicht über Verbrennungsrückstände.

Produkte mit MOS2-Zusätzen
Molybdändisulfit oder einfach "Grafit" zum Trockenschmieren von Schlössern oder als Fettzusatz kennt jeder, denn es wirkt dort richtig gut. Da ist es doch naheliegend dieses in feinster Form Motoröl zuzusetzen. Hier in Europa tut das beispielsweise der Hersteller Liqui-Moly. Die beabsichtigte Wirkung als Ölzusatz ist die gleiche wie bei PTFE, also Reibungs- und Verschleißverminderung. 
MOS2 hat hierfür recht gute Voraussetzungen, denn es ist absolut temperaturstabil und hat eine hohe Schmierwirkung. Die feinen MOS2-Partikel sollen sich in Poren von metallischen Oberflächen einlagern und Notlaufeigenschaften garantieren. Tatsächlich wird die Reibung messbar verringert.
Die Kehrseite der Medaille ist nach Ansicht vieler Experten jedoch, dass das Pulver sich als Feststoff ähnlich verhält, wie PTFE: Es kann sich in Hohlräumen bzw. Bohrungen anlagern und die Aufnahmefähigkeit für Verschmutzungen im Öl reduzieren.
Da bei den heutigen langen Ölwechselintervallen so die Aufnahmefähigkeit für Verschmutzungen nicht mehr ausreicht, haben haben entsprechend vorgemischte Öle heute fast keine Fahrzeughersteller-Freigaben mehr. Bei Motorrädern wird das Öl öfter gewechselt, daher ist das kein Problem, dafür taucht ein anderes auf: Die MOS2-Partikel können sich an der Kupplung anlagern und diese wird dann leicht durchrutschen.

Meine Schlussfolgerung: Ich gestehe, ich habe MOS2 selbst in einem Uralt-Auto benutzt und keine schlechten Erfahrungen gemacht. In meine Suzuki kommt das Mittel jedoch nicht, denn mit gutem Öl ist sie viel glücklicher - ohne dass die Kupplung rutscht.

Produkte mit Keramik-Zusätzen
Hier handelt es sich um eine Feststoff-Dispersion, d.h. kleinste Keramik-Teilchen, die einem Motoröl zugesetzt sind. Die Keramikteilchen sollen nicht verklumpen und den Ölfilter zusetzen, weil eine Temperaturstabilität bis 1.100° C gegeben ist. Ein Hersteller vertreibt das unter dem Namen "CERAOIL" und gibt an, dass sich die Partikel durch elektrische Aufladung und Erwärmung nur auf Metall absetzen und der dann erfolgende keramische Kontakt zu einer Reibungsverminderung führt. 
Das Produkt wurde von den Technischen Universität Eindhoven und der Fachhochschule Driebergen in den Niederlanden in verschiedenen Prüfmotoren getestet und eine Reibungsverminderungen sowie ein Leistungszuwachs festgestellt. Aber wenn das alles so toll ist, warum bietet beispielsweise Shell oder Castrol keine Keramik-Öle an ... ist schon irgendwie komisch.

Meine Schlussfolgerung: Solange kein Motorradhersteller Keramik-Zusätze ausdrücklich empfiehlt, kaufe ich mir lieber 'ne neue Kaffeetasse. Meine Suzuki ist schließlich kein Geschirrschrank ... ;-)

Produkte mit mehr Standard-Additiven
Jedem guten Öl sind eine Menge Additive beigefügt, die viele Aufgaben erfüllen. Nach dem Motto: "Darf's ein wenig mehr sein?", werden auch Ölzusätze angeboten, die diese Additive in hoher Konzentration und verschiedener Kombination enthalten. 
Obwohl das dem Motor nicht schadet, raten Experten dennoch, auf diese Mittel zu verzichten. Jedes Öl wird in umfangreichen Tests genau abgestimmt. Die Additive wirken dabei meist in Kombination miteinander. 
Wird jetzt noch ein Cocktail von weiteren Additiven dazu gekippt, kann die ursprüngliche Wirkung negativ beeinflusst werden. 
Vielleicht hilft es, sich ein Öl als einen gut abgeschmeckten Kuchen vorzustellen. Wenn Du jetzt mehr Gewürze oder drei Extra-Eier hinzufügst, kippt das ganze Rezept und der Geschmack des Kuchen geht förmlich vor die Hunde - ist doch klar!

Meine Schlussfolgerung: Ich vertraue dem Rat der Experten, lasse solche Zusätze weg und kaufe mir vom gesparten Geld bei der nächsten Moped-Tour lieber eine leckere Torte.

Produkte mit Detergentien und Lösungsmittel
Viele der alten Ölzusätze schwören auf die Wirkung von Additiven, die Rückstände auswaschen und im Öl in der Schwebe halten. Die Folge soll ein geringerer Ölverbrauch und "saubere" Motoren sein.
Sie bestehen daher meist aus Kerosin, Naphthalin, Aceton und Isopropan. Additive also, die auch in normalen Ölen verwendet werden.
Die Wirkung ist damit genau umgekehrt, wie bei PTFE oder Zink-Phosphat. Statt Oberflächen abzudecken, werden diese regelrecht reingewaschen, was gerade bei alten Motoren mit viel Ölschlamm sinnvoll erscheint.
Dummerweise können diese Mittel aber nicht zwischen gut und böse unterscheiden. Bei entsprechender Dosierung und einem vergleichsweise gepflegten Motor kann auch der feine Ölfilm von Oberflächen gewaschen werden - das mögen Zylinder und Kolben meist gar nicht.

Meine Schlussfolgerung: Ich habe noch keinen Motorradmotor gesehen, der innerlich vollkommen verdreckt war, weil die meisten Normal-Öle genügend Reinigungswirkung haben.
Wer braucht dann einen Extra-Waschgang? Ich kaufe mir von dem Geld lieber eine nette Schachtel Bier und spüle meine eigenen Innereien.

Zusammenfassung
Separate Ölzusätze, wie sie hier beschrieben sind, werden von allen Herstellern für Flugtriebwerke abgelehnt und haben auch keine Zulassung von den Fahrzeugherstellern. Stattdessen raten manche sogar explizit von der Anwendung ab und drohen damit, dass die Garantie für Neufahrzeuge verfällt.
Es gibt Studien, die Vorteile ermittelt haben, aber auch einige, die feststellten, dass die Mittel entweder wirkungslos oder gar schädlich sind - zumindest in Teilaspekten.
Sicherlich beeinträchtigen die Zusätze die korrekte Funktionsweise sorgfältig abgestimmter Motoröle.
Wenn die Wirkung tatsächlich so phänomenal wäre, würden die Motorölhersteller mit ihrem millionenschweren Entwicklungsetats diese Stoffe doch längst in den Ölen verwenden, oder? Keiner der Zusätze wird daher auch von unabhängigen Schmierstoffherstellern für diese Anwendung empfohlen.
Die Hersteller der Ölzusätze werben gerne mit "wissenschaftlichen Untersuchungen", die eine Verschleißverminderung, höhere Leistung oder einen geringeren Kraftstoffverbrauch nachgewiesen haben sollen. Gleichzeitig nennen sie nie die Wissenschaftler oder Institute beim Namen. Ein Schelm, wer da Böses denkt!

Mein Rat:
Investiert Euer Geld lieber in ein gutes Motoröl. Die möglichen Vorteile der Zusätze werden mit drohenden Gefahren erkauft. Es wäre zu schade, wenn eine Motorrad-Saison frühzeitig deswegen frühzeitig endet.

© Michael (23.09.12 )    [Start]