Ventildeckel abdichten

Eine kritische Stelle an GS- und GSX-Motoren ist der Ventildeckel, denn hier treten leicht Undichtigkeiten auf und das austretende Öl verschmutzt den Zylinderkopf.
Schuld daran sind nicht die Dichtungen selbst, sondern meist eine falsche Montage. Im Ventildeckel findet man zwei Dichtungen, die eigentliche Deckeldichtung (hier Teil 2) und die Dichtung unter dem Entlüftungsdom (hier Teil 7). Daneben sind bei manchen Modellen noch zusätzliche O-Ringe und Wellendichtringe (z.B. für den Drehzahlmesser-Antrieb) vorgesehen. Wir wollen uns hier aber nur mit den Dichtungen beschäftigen.

Falsche Sparsamkeit
ist es, nach der Ventilspielkontrolle keine neue Dichtung zu verwenden. Meist ist die alte beim Demontieren so sehr beschädigt, dass sie nicht mehr verwendet werden kann. Aber auch scheinbar gute Dichtungen haben sich im Laufe der Zeit gesetzt und können so nicht richtig abdichten. Da helfen dann nur Neuteile.

Sauberkeit und Vorsicht sind Trumpf
Es müssen alle noch am Zylinderkopf klebenden Reste von den Dichtflächen sorgfältig entfernt werden. Die kleinen Erhöhungen, die die Reste hinterlassen, können nämlich auch neu montierte Dichtungen oft nicht ausgleichen.
Zum Entfernen der Reste kann man spezielle Dichtungsschaber verwenden, die eine plane und nicht zu scharfe Schabekante haben. Hilfreich sind dabei auch chemische Dichtungslöser, die die Reste weicher machen. Sie lassen sich dann viel leichter entfernen.
Auf keinen Fall sollte man zum Abkratzen ein Messer oder einen Schraubendreher verwenden. Die hinterlassen gar zu leicht hässliche Riefen auf den Dichtflächen am  Zylinderkopf und am Ventildeckel, durch die das Öl nach draußen dringt.

Hilfreiche Mittelchen
Bevor die neuen Dichtungen montiert werden, sollte man die metallenen Dichtflächen leicht mit Flüssig-Dichtstoff aus der Tube einstreichen. Nach einer gewissen Ablüftungszeit kann man die Papierdichtung auflegen und die Deckel aufsetzen. Werden jetzt noch die Schrauben mit dem richtigen Drehmoment angezogen, hat man Ruhe - vorausgesetzt man zieht die Schrauben nach etwa 500 - 1000 km nochmals leicht nach, denn dann haben sich die Dichtungen gesetzt.
Flüssigdichtstoff hilft übrigens nicht nur das Öl zurückzuhalten, sondern erleichtert auch die spätere Montage ungemein. Wenn kein Dichtstoff zur Hand ist, kann man die Dichtflächen auch leicht mit Öl benetzen.
Die Finger sollte man von Silikon lassen. Durch die Szene geistert der Geheimtipp, der Silikon als Dichtstoff empfiehlt. Aber Vorsicht: Es kann sich in den Motorinnenraum drücken, die Brocken treiben dort ihr Unwesen und verstopfen das Ölansaugsieb. Außerdem ist es am Anfang sehr schlüpfrig und die Dichtungen können sich bei der Montage und im Betrieb leicht verschieben.

Apropos verschieben ...!
Einige GS-Besitzer/innen berichten, dass sich die Ventildeckeldichtungen nach einiger Zeit gar zu leicht auf Wanderschaft begeben. Sie werden entweder herausgedrückt oder gar nach innen gesogen - je nach Motor.
Wer sicher gehen will, dass sich die Dinger nicht mehr rühren, kann zu einer brutalen Methode greifen. Dazu werden in die Aluminium-Dichtflächen mit einem Körner kleine Vertiefungen geschlagen. In diese Mulden setzt sich das Dichtungsmaterial hinein und verhindert das Wandern. Der Tipp stammt von GS-Freunden aus den USA, die darauf schwören - aber wer will schon so brutal vorgehen? Flüssig-Dichtstoff - siehe oben - klebt meist ausreichend gut.
   
Wenn's am Steuerkettendom suppt.
Undichtigkeiten bei den frühen Motoren vorne am Kettenschacht im Bereich Zylinderkopf/Ventildeckel sind ein Drama ohne Ende. Meist bleiben hier alle Dichtversuche vergebens. 
Die Ursache ist aber manchmal ganz trivial: Die vordere Führungsschiene der Steuerkette wird in den Zylinderkopf eingeschoben und später über den Ventildeckel fixiert. 
Um einen festen Sitz der Schiene zu gewährleisten, ist die Schiene etwas verdickt und steht weiter über den Kopf über, als es eigentlich nötig ist. Wenn dann der Ventildeckel montiert wird, drückt die Schiene die beiden Teile so stark auseinander, dass die Dichtwirkung an dieser Stelle nicht mehr ausreicht. 
Abhilfe: Einfach den überstehenden Teil der Führungsschiene etwas abfeilen, bis er nicht mehr übersteht.
Dieser Tipp stammt von Martin, der seine GS 1000 schon viele Jahre besitzt.
Suzuki ist das Problem übrigens gut bekannt. Daher wurde die Konstruktion bei einigen Modellen (z.B. GS 650 G, GS 1000, GSX 750/1100) verschiedentlich geändert. Zusätzliche Befestigungsschrauben im Deckel sollen die Dichtung fixieren und mehr Druck ausüben. So hat beispielsweise der 1980er GSX 1100 Motor keine, die 1981-82er Serie eine auf der rechten Seite und die 1983er sogar zwei Extra-Schrauben.
Da die Dichtungen nicht untereinander austauschbar sind, muss man beim Kauf immer darauf achten, dass man die richtige Version bekommt.

Originalteile oder solche aus dem Zubehörhandel?
Originaldichtungen sind sündhaft teuer, also greift man gerne zu solchen aus dem Zubehörhandel. Das ist aber oft Glückssache, denn manche Hersteller verwenden zum Teil minderwertiges Material und solche Dichtungen neigen leider zu Inkontinenz. 
Meine Erfahrung ist da eher durchwachsen - doch mit einer guten Flüssigdichtung werden auch die meisten Nachrüstdichtungen ihrer Aufgabe gerecht.

Deckel planen
Tritt hier trotz aller Sorgfalt immer wieder Öl aus, kann der Deckel durch hart angeknallte Schrauben verzogen sein und muss geplant werden. Das geht auch mit Heimmitteln. Dazu legt man Schmirgelleinen auf eine Glasplatte und zieht den Deckel sauber ab.
Beim Ventildeckel reicht das wegen der Größe meist nicht aus und so muss man eine Werkstatt mit einer Fräsmaschine bemühen. Werden ein paar 10tel mm abgenommen, ist der Deckel wieder dicht.

Der Trick für den Entlüftungsdom
Ein weiteres Problem ist Überdruck im Entlüftungsdom. Die dortige Dichtung hat ein kleines Loch, durch das die Öldünste geleitet werden. Das kann zu klein sein und sollte vorsorglich auf etwa 2-4 fache Größe aufgeschnitten werden. Dann kann der Wechseldruck im Gehäuse besser hindurchgeleitet werden und das Öl drückt sich nicht an der Dichtung heraus.

© Michael (11.07.04 )    [Start]