Technik: Kupplung

Die Kupplung trennt den Kraftfluss zwischen Kurbelwelle und Getriebe. Die ersten Motorräder mussten noch ohne dieses Element auskommen und von dessen wichtigster Funktion, nämlich das Anfahren zu unterstützen, konnten erst spätere Modelle profitieren.
Schalten kann man bei Motorradgetrieben übrigens auch ohne Kupplung, doch ist die Belastung für das Getriebe dann ungleich höher. Man sollte es daher nur im Notfall tun, wenn beispielsweise der Kupplungszug gerissen ist.
Wie funktioniert nun dieses kleine Wunderwerk, das im Motorrad nicht nur hohe Drehmomente übertragen sondern auch sehr kompakt gebaut und dazu noch zuverlässig sein muss?
Eine einfache Kupplung wie in einem Automobil, die eigentlich nur aus zwei gegeneinander wirkenden Scheiben besteht, ist für ein Motorrad meist ungeeignet, denn sie baut viel zu groß. Das funktioniert nur bei längsliegender Kurbelwelle, wie bei einem Boxermotor. Daher hat sich schon sehr früh eine kompaktere Bauform, die so genannte Mehrscheibenkupplung, durchgesetzt.
   
Funktionsprinzip
Damit das Ganze etwas leichter zu verstehen ist, sind in den folgenden Bildern die Antriebselemente rot, die Abtriebsteile blau und der Betätigungsmechanismus grün dargestellt. 
Das Primärantriebszahnrad (1) wird vom Ritzel der Kurbelwelle angetrieben. Häufig ist dort ein federbelasteter Ruckdämpfer eingebaut, damit die Kupplung nicht "rupft". Am Primärrad ist ein geschlitzter Korb befestigt, in dessen Schlitze die Zähne der roten Antriebsscheiben (2) eingreifen und so den Kraftfluss herstellen. Die Scheiben tragen einen Reibbelag und werden auch Reibscheiben genannt.
Die Antriebsscheiben haben im eingekuppelten Zustand Kontakt mit den blau dargestellten Abtriebsscheiben (3). Diese einfachen Stahlscheiben werden auch Mitnehmerscheiben genannt, denn sie besitzen innen eine grobe Verzahnung, welche in Schlitze der Zahnradnabe (4) eingreifen und diese mitnehmen. Die Nabe ist wiederum starr mit der Getriebeeingangswelle (5) verbunden.
Jetzt erkennen wir auch das Prinzip: Beim roten Pfeil wird das Drehmoment der Kurbelwelle in das Primärrad eingeleitet. Über An- und Abtriebsscheiben wird es an die Zahnradnabe und Getriebewelle weitergegeben. Zum Getriebe wird das Drehmoment über ein Eingangsgetrieberad (blauer Pfeil) geleitet.
   
Eingekuppelte Stellung
Damit das Drehmoment zwischen den Antriebs- (2) und Abtriebsscheiben (3) übertragen werden kann, werden diese mit einer Druckscheibe (6), gegeneinander gepresst. 
Die Presskraft wird durch Schraubenfeder (9) erzeugt, welche in die Zahnradnabe eingeschraubt sind.
Wenn diese Federn nach längerem Gebrauch erlahmen, ist die Presskraft nicht mehr ausreichend und die Kupplung wird durchrutschen - besonders bei höheren Drehzahlen.
   
Ausgekuppelte Stellung
Wird der Kupplungshebel gezogen,  wird durch einen außen am Motorblock angeordneten Hebel die Schubstange (7) durch die Getriebeeingangswelle gedrückt. Diese schiebt das Andruckstück (8) gegen die Druckscheibe (6) und hebt sie gegen den Druck der Kupplungsfedern (9) an.
Dadurch wird der Kontakt der Antriebs- (2) und Abtriebsscheiben (3) aufgehoben und der Kraftschluss unterbrochen. Jetzt dreht sich nur noch das rote Primärantriebszahnrad und die Antriebsseite, aber nicht mehr die Abtriebselemente. 
   
Aufbau
Hier seht Ihr den Aufbau einer typischen Kupplung aus der Ersatzteilliste einer GS 400. Die GS 750 ist ähnlich konstruiert.

1 - Primärantriebszahnrad mit Kupplungskorb
3 - Zahnradnabe
7 - Antriebs- / Reibscheiben
9 - Abtriebs- / Mitnehmerscheiben
10 - Druckscheibe
11 - Federn
14 - Andruckstück
20 - Schubstange

Spätere Konstruktionen (z.B. GS 650, GSX-Modelle) haben keine Schubstange mehr, denn dort leckte häufig Öl heraus. Stattdessen ist am rechten Kupplungsgehäusedeckel ein Ausrückhebel angeordnet, der das Andruckstück herauszieht und so die Druckscheibe anhebt. 
Das funktioniert sogar noch besser. Das Prinzip der Kupplung bleibt jedoch gleich. Der Austausch der Kupplungsscheiben wird hier beschrieben.

© Michael (18.03.06 )    [Start]