SUZUKI GS 750 - Fahreindrücke
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Suzuki
kam 1976 als letztes der großen japanischen
Motorradwerke mit einer Viertakt-Palette auf den
Markt. Top-Modell war die GS 750 mit quer
eingebautem Vierzylinder-Reihenmotor.
In vielen
Tests wurde die Frage gestellt, ob nach dem
schon Jahre andauernden Erfolg der Honda CB 750
oder der sensationellen 900-ccm-Kawasaki für
die GS 750 noch Platz auf dem Markt war, obwohl
die angegebenen 63 PS nicht an die Leistung der
Konkurrenz heranreichen konnten. |
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Tatsächlich erwies sich die Suzuki aber als die
Schnellste in der 750er Klasse und hatte auch
sonst noch einige Vorteile zu bieten, auch wenn
deren Konzept neu war. Zufriedenstellendes Fahrwerk, hohe Endgeschwindigkeit
hatte stets einen hohen Stellenwert bei
sportlichen Motorrädern. Von einem solchen konnte man
bei der Suzuki GS 750 durchaus sprechen, auch wenn sie
optisch auf den ersten Blick nicht unbedingt diesen
Eindruck machte.
Für den Newcomer war es nicht leicht, denn die
Honda und Kawasaki hatten sich mit ihren Vierzylindern
bereits sicher etabliert. Doch Suzuki landete einen
Volltreffer: Mit einem Sieg (MOTORRAD-Vergleichstest
Heft 22/1977 und 23/1977) verschaffte sie sich Respekt,
und besonders der Motor erntete auf Anhieb viel Lob
Mit langliegendem Fahrer standen 185 km/h auf dem Tacho,
was die Lichtschranke als echte 194,2 km/h auswies. Um
von 0 auf 100 km/h zu kommen, vergingen nur 4,5
Sekunden. Bei einem Eigengewicht von 240 kg war klar,
daß die angegebenen 63 PS eher
etwas untertrieben waren. Bei leicht
geduckter Fahrerhaltung blieben immer noch 191,7 km/h
Spitze übrig, und erst mit Sozius sackte der Wert auf
167,3 km/h ab - was auf mangelnde Elastizität des
Triebwerkes hinwies.
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Das Triebwerk verschaffte sich
schnell Respekt
Die "Sieben-Fünfer" stellte ihre Motorqualitäten
auch in einem Langstreckentest bei MOTORRAD
eindrucksvoll unter Beweis. Die Techniker in
Hamamatsu hatten sich für einen DOHC-Vierzylinder
entschieden, der überquadratisch ausgelegt ausgelegt
war und genügend Leistung und Drehfreudigkeit
brachte. Die Kurbelwelle war wälzgelagert mit einem
Kugellager zur seitlichen Fixierung rechts außen. Die
nicht teilbaren Pleuelfüße liefen in Nadellagern, die
ihren Dienst über die 25.000 km genauso klaglos versahen wie
die anderen Motorteile.
Die GS 750 wurde fast immer
voll gefahren, doch der Motor behielt bis ans Ende seiner
Testtage seine Drehfreudigkeit. Drehzahlen um die 9000/min
waren an der Tagesordnung, produzierten zwar typische
Motorgeräusche, aber der patentierte,
automatische Steuerkettenspanner sorgte dort während der gesamten
Testdistanz
für Laufruhe. Der Ölverbrauch hielt sich mit 0,4 Liter/1000 km in Grenzen.
Der Ölstand konnte durch das
Schauloch an der rechten Motorunterseite bei
aufgebockter Maschine auf ebenem Untergrund leicht kontrolliert werden.
Durch die Anordnung von einem Unterbrecher für zwei
Zylinder erhält jeder während seiner vier Arbeitstakte
zwei Zündfunken: einen nötigen und einen unnötigen in
den Auslaßtrakt. Dennoch war kein erhöhter Verschleiß
festzustellen. Die zwei Sätze Unterbrecherkontakte
hielten etwa 20.000 km. Die doppelwandigen
Auspuffkrümmer liefen auch nach langer Autobahnhetze
nie blau an und zeigten auch noch nach langem Gebrauch
eine einwandfreie Verchromung.
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Das
Fahrwerk - verwindungssteif und schnell
Der Rahmen, der mit seinen sauberen
Schweißnähten und einer nicht guten Lackierung
für das außergewöhnliche Finish der ganzen
Maschine beispielhaft war, war als geschlossener
Doppelschschleifenrahmen
mit dreifachem Oberzug ausgebildet. Das Fahrwerk
erfüllte stets die damaligen Anforderungen. Es
war nach Ansicht jener, die das Ding ausgiebig
bewegen durften, mehr "italienisch als
japanisch", lag ausgezeichnet und durch
den Vier-in-Zwei-Auspuff konnte relativ
viel Bodenfreiheit für Schräglagen realisiert
werden.
Die nadelgelagerte
Schwinge, die durch zwei relativ hart
abgestimmte Federbeine abgestützt wurde, und
der steife Rahmen sorgten für ein
Fahrverhalten, das auch in extremen Situationen
als gut bezeichnet wurde. |
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Die Telegabel trug mit 140 mm Federweg sicher auch zu
einem positiven Eindruck bei, verglichen mit der
Konkurrenz wie etwa der Yamaha XS 750 sprach sie jedoch
auf kleinere Unebenheiten relativ schlecht an - also ein
Abstrich, was Komfort anging. Hier und da - besonders
bei härterer Gangart - blieb aber noch den Wunsch nach
einer etwas härter abgestimmten Vorderfront offen.
Während die Original-Bridgestone-Bereifung, die vor
allem im Regen nicht befriedigen konnte, im
Winterbetrieb noch 10.000 km hielt, überdauerten die
danach montierten Metzeler-Niederquerschnittsreifen bei
sportlicher Fahrweise hinten gerade 3.000 km, bestachen
dafür aber durch ein positives Fahrverhalten.
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Die
Bremsen - groß dimensioniert
Zu einem Top-Motorrad gehören gute Bremsen.
Also spendierte Suzuki gleich drei
Scheibenbremsen mit einem Durchmesser
von knapp 300 mm. Während die beiden Vorderrad-Bremsen
trotz der relativ hohen ungefederten Massen
positiv bewertet wurden, weil man die GS 750
praktisch mit zwei Fingern zum Stehen bekam,
wurde hinten etwas zuviel des Guten getan: Allzu
leicht neigte das Hinterrad beim Bremsen zum
Blockieren und dadurch zum Springen. Darüber
hinaus war die Zange starr montiert, was
teilweise erhebliches Bremsrubbeln bescherte.
Die Bremsbeläge hinten waren nach 16.000 km
reif zum Auswechseln, die der vorderen Bremsen
reichten nach 21.000 km noch aus. |
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Die Kraftübertragung, eine
alte Bekannte
Keinen Ärger bereitete die Sieben-Platten-Kupplung. Sie
hielt auch brutaler Beschleunigung stand, denn sie war
langjährig bewährt und entstammte der wassergekühlten
Dreizylinder-Zweitakt-Suzuki GT 750, die ein höheres
Drehmoment hatte. Deren Getriebe war auch das Vorbild
für die GS 750. Der Primärantrieb und dessen
Übersetzung wurde beibehalten, die Übersetzungsstufen
stimmten bis auf die erste Gangstufe überein. Bei deren
Auslegung dachten die Konstrukteure also auch an eine
Steigerung der Motorleistung. Manchmal verlangte das
Getriebe Feinfühligkeit, besondes wenn man versuchte im
Stand bei laufendem Motor, den Leerlauf einzulegen. Beim
Herunterschalten vom dritten in den zweiten Gang landete
man oft im Leerlauf, was wegen der plötzlich fehlenden
Motorbremse unangenehm werden konnte.
Abgesehen von diesen Unarten war jedoch das Fünfgang-Getriebe
auf einem hohen japanischen Standard was Exaktheit und
Leichtgängigkeit anging. Auch die Abstufung der
einzelnen Gänge stimmte und ließ den Fahrer schnell
des Motors Mangel an Elastizität vergessen.
Die ultramoderne O-Ring-Endlos-Rollenkette
vertrug das damals übliche Sprühfett nicht immer und
reagierte auf zu straffe Spannung mit einer Lebensdauer
von nur knapp über 10000 Kilometer, doch bei richtiger
Pflege hielt sie über 20000 Kilometer.
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Durstige
Schönheit
Die GS 750 wäre mit ihrem ruhigen Motor
geradezu prädestiniert, lange Strecken mühelos
zu bewältigen. Doch hinderlich war oft der viel
zu kleine Tank mit nur 18 Litern
Fassungsvermögen, einschließlich etwa zwei
Liter Reserve. Wer
Stoff gab, mußte Zuschlag zahlen.
Zwar konnte man kann den Benzinverbrauch durch
Bummeln auf unter 7 Liter pro 100 km bringen,
doch wer dem Temperament der GS 750 erlag, mußte
mit 10 oder gar 11 Liter je 100 km
rechnen.
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Wurde nach 140 Kilometern nicht sofort auf Reserve
umgeschaltet und die forsche Gangart nicht gedrosselt,
so stand man bereits nach weiteren 20 Kilometern ohne
Sprit am Straßenrand. Der mittlere Testverbrauch betrug
8 Liter auf 100 km fürs Benzin und 0,4 Liter Öl auf
1000 km .
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Sportlichkeit auf Kosten der
Zuverlässigkeit?
Von Anfang an galt der Motor als zuverlässig und
kämpfte kaum mit Kinderkrankheiten. Die ersten
Maschinen bis zur Fahrgestellnummer GS 750 D 10001
litten vereinzelt unter schlechtem Leerlauf, da die
Vergaserflansche auf der Kopfseite nur plangeschliffen
waren. Schon leichtes Verziehen der Dichtflächen
führte zu Nebenluft und zu ungleichmäßigem Leerlauf.
Meist wurden kostenlos neue Vergaserstutzen mit einer
Nut und einem O-Ring nachgerüstet, die Suzuki später
auch serienmäßig verbaute.
Die 750er erreichte
hohe Laufleistungen und erste Verschleißerscheinungen zeigten
sich erst nach etwa 30.000 km. So wurde nach
dieser Distanz ein neuer Satz Lenkungslager fällig. Die Motoren verbrauchten vereinzelt viel Öl, weil die
Dichtringe an den Einlaß-Ventilschäften abgenutzt
waren. Schwitzende Zylinderkopf-Dichtungen waren
ebenfalls keine Seltenheit, wenn man nach einer
Zylinderkopf-Demontage nicht auf eine plane Dichtfläche
achtete und den Kopf nicht exakt mit den
vorgeschriebenen Anzugsmomenten anzog.
Die Dichtungen zwischen Auspuffkrümmer und
Schalldämpfer gaben auf, so daß im
Schiebebetrieb Auspuffknallen unvermeidlich war. Die
Telegabelsimmerringe und die Kupplungsbeläge und
-federn waren nach 19.000 km verschlissen. Man
berichtete auch von starken Ölkohleablagerungen auf den
Kolben und im Brennraum.
Dennoch: Eine solche Bilanz konnte sich für ein
Motorrad dieser PS-Klasse, das nie geschont wurde,
durchaus sehen lassen. Vor allem ist kein Test-Fahrer
mit der GS 750 je liegengeblieben, was damals noch nicht
selbstverständlich war.
Die englische Motorradzeitung "Motor Cycle"
beurteilte die Suzuki so: "Wer
eine bessere 750er bauen will, wird fast unlösbare
Probleme haben."
Die Engländer hatten Recht, denn in der nächsten Zeit
blieb die GS 750 ohne Vergleich - bis ihr eine echte
und ernste Konkurrentin, die GS 1000er aus gleichem Haus,
erwachsen sollte.
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© Michael (04.10.03
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