SUZUKI GSX 400 F - Fahreindrücke

1981 erschien die GSX 400 F, die kleinste Katana für Europa, mit einem Motor, der als richtig kleines Wunder bezeichnet wurde:
Vier Zylinder mit knapp 400 ccm Hubraum, zwei obenliegende Nockenwellen, die über kurze Schlepphebel vier Ventile pro Zylinder betätigen und so die Nenndrehzahl in die astronomische Höhe von 10.500 Touren puschte. 
Mit ihren 41 Pferdchen war sie ein richtiges Spaßgerät, das nicht an die Vernunft, sondern nur an das Sportlerherz appellieren wollte.
Optik, Fahrwerk und Motor der kleinen Suzuki boten dem Kenner und besonders den Kennerinnen ein Vergnügen der besonderen Art. 
Kleine Turbine
Der sehr leise, runde und ruhige Motorlauf begeisterte auch Hubraum-Liebhaber, die sich höchstens an leisen Klappergeräuschen störten, die die Kupplung im Standgas produzierte. Aber dann: Ein kurzer Dreh am Gas und die vier Gleichdruckvergaser ließen den Zwerg beinahe turbinenartig hochdrehen.
Das war auch gut so, denn an ein Anfahren unter 4.000 U/min sollte man nicht denken. Und bis 7.500 zog der Motor eher mäßig. Erst ab 8.000 Touren ging es richtig zur Sache. Jubelnd und zügig schnellte die Drehzahlmessernadel bis weit in fünfstellige Drehzahlbereiche hinein - mit einem Sound der jeden Zylinderfetischisten begeisterte.
Laune machte auch das gut schaltbare Sechsganggetriebe. Die präzise dosierbare Kupplung war nur bei heißem Motor etwas zickig, trennte nicht vollständig  und die Leerlaufsuche wurde so oft zum Glücksspiel.
Einmal exakt eingefahren, wurde der Motor mit jedem Kilometer freier. Dann beschleunigte er in etwa 6 Sekunden auf 100 km/h und ermöglichte etwa 160 km/h Spitze. Trotz der begeisternden Drehzahlorgien war die GSX, dank TSCC-System, kein Säufer. Der Verbrauch pendelte sich meist bei klassenüblichen sechs Litern auf 100 Kilometer ein - zumindest wenn sie nicht dauernd unter Volllast bewegt wurde.
  
Sportlich straffes Fahrwerk
Der klassisch gestaltete Doppelschleifen-Rohrrahmen ermöglichte  "ein reines Vergnügen im Slalom enger Kurven", wie es die Zeitschrift PS formulierte. Sie kritisierte aber auch, dass die Suzuki bei "ausgeprägten Längsrillen deutliche Schlenker produziert, die aber nie gefährlich werden". Ansonsten spielten Fahrwerksunruhen keine Rolle, denn die ölgedämpfte Teleskopgabel steckte in Schräglage auch deutliche Unebenheiten gekonnt weg. Die Abstimmung der hinteren, fünffach verstellbaren Federbeine mit knapp bemessenem Arbeitsweg war straff und so etwas wie Komfort war nur in der niedrigsten Einstellung zu vermelden. Dank üppiger Bodenfreiheit und eng verlegter 4-in-2-Anlage, setzte die Maschine erst sehr spät mit den hoch angebrachten Fußrasten auf. Die kleine GSX war demnach kein Sofa, sondern eher sportlich auf die knapp 200 kg Lebendgewicht abgestimmt. Leicht untersteuernd schob sie schon mal in Schräglage leicht über das Vorderrad weg. Wer sich daran gewöhnte und damit umgehen konnte, war in den Ecken aber kaum einzuholen.
  
Ein Maschine fürs Herz, aber nicht den Geldbeutel
Die vom Suzuki Chef-Stylisten, Asamo Hiroshi gezeichnete, gemäßigte Katana-Linie schmeichelte den Augen der Besitzer(innen). Da wurden keine Experimente gemacht, das Styling blieb noch in vernünftigen Grenzen, auch Anforderungen der Praxis wurden berücksichtigt. Aber zu welchem Preis!
Wahnsinnige 6865 Mark sollte der kleine Vierzylinder kosten. Yamaha verkaufte für ebenfalls 7000 Mark immerhin ihre populäre 650er und für eine Mille mehr gab's immerhin eine Honda CBX.
Nur unvernünftigen, eingefleischten Liebhabern war sie daher all das Geld wert. Doch wenn wir vernünftig wären, würden wir alle Diesel-Kombis fahren, oder? 
So bleibt zu hoffen, dass es auch in Zukunft so verrückte Motorräder, wie die GSX 400 F geben wird.

© Michael (04.10.03 )    [Start]