Von
ED-1 zur "Last Edition"
Die Geschichte erinnert ein
wenig an die vom hässlichen Entlein,
das zum schönen Schwan wurde und sie begann vor mehr
als 20 Jahren. Ende der 70er war Suzuki an einem
Scheideweg. Das Design der Motorräder war, im
Bemühen jedem zu gefallen, in die Normalität
abgedriftet. Manche sprachen gar von antiquierten
Formen. Initiiert durch die deutsche Niederlassung
beauftragten die Suzuki-Leute das kleine, deutsche target
DESIGN Team mit einem wahren Befreiungsschlag. Er
sollte zu einer Sternstunde des Motorraddesigns
werden, das die Motorradgemeinde erschütterte.
Gleich zwei Modelle entstanden in den Studios: 1979
lagen die ersten Entwürfe für die Suzuki ED-1 vor,
die später zur GS 650 G Katana werden sollte.
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Der Prototyp zeigte schon alle
wesentlichen Merkmale des späteren
Serienprodukts. Die perfekte Linie, die
ungewöhnliche Farbgebung, die zweifarbige
Sitzbank. Nur die Instrumente und der aufwendige
Benzinhahn fielen den Serienerfordernissen zum
Opfer. Da man so nah am fertigen Motorrad war,
wurde die Produktion bereits 1980 aufgenommen -
der Beginn einer Entwicklung, die noch im
folgenden Jahrzehnt nachhallte. Doch so ganz war
man sich der Sache bei Suzuki wohl doch nicht
sicher. |
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Als der Marketing-Chef Masao Tani
im Sommer 1980 die Händler zur Präsentation
der 650er nach München einlud, hatte er die
Zeichnungen eines in Japan gestylten Bikes
dabei. Nur für den Fall, dass er auf Ablehnung
stoßen würde.
Alles umsonst, denn die ED-1 entfachte einen
wahren Orkan des Beifalls. So nahm Mr. Tani
seine Skizzen wieder mit nach Hause und übergab
sie seinen Ingenieuren, die daraus eine
konservativere Version für den amerikanischen
Markt machten - die GS 650 GT. |
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Doch in Europa sollte es noch besser werden:
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Bereits Anfang 1980 entstand der
Suzuki ED-2 Katana 1100 Prototyp - noch
radikaler, noch emotionaler.
Die Original-Design Skizze von Jan Fellstrom
zeigte eine ausgeprägte Keilform, die eine
perfekte Aerodynamik ergab und die es erlaubte,
den Schwerpunkt des Motorrades so zu platzieren,
dass eine beispiellose
Hochgeschwindigkeits-Stabilität erreicht werden
konnte. Der Prototyp war im April 1980 fertig
und die große Katana konnte schon 1981 in
Produktion gehen. |
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Dieses Lehmmodell lässt schon
die Linien des fertigen Produktes erahnen.
Es wurde von der Fachpresse begeistert
aufgenommen, nur die Kunden mussten sich an die
Neue etwas gewöhnen. Doch vielleicht war es
auch der Preis, der manchen Interessenten von
der Katana fernhielt?
Wie auch immer, die Verkaufserfolge für die
kleine 650er waren zunächst eher mäßig. Die
1100er verkaufte sich dagegen erheblich besser. |
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Suzuki reagierte schnell und
schob noch im gleichen Jahr zwei Modelle nach.
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Die GS 550 EM Katana und die GSX
750 S Katana. Die 750er unterschied sich von der
1100er nicht nur im Motor, sondern auch in
anderen Details. Vorderradschutzblech und
Heckbürzel waren silbern lackiert. Die Sitzbank
war einfarbig mit profanem, blauem Kunstleder
bezogen - ein Grund für viele, auf die der
1100er umzurüsten.
Die 550er war dagegen ihrer Schwester mit
Kardanantrieb wie aus dem Gesicht geschnitten.
Nur bei genauem Hinsehen erkannte man den
kleineren Motor und den Kettenantrieb. |
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Schaut man sich den Prototyp der 1100er (unten) genauer an,
erkennt man, dass er gewisse Elemente besitzt, die in anderen Modellen übernommen wurden. So hat er die
typischen Instrumente, aber keine Frontscheibe, die
nur die deutschen Modelle bekamen. In Japan
hingegen wurde genau diese Ausführung bei der
750er verkauft. |
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Die zweifarbige Sitzbank
zeigt einen frechen Keil, der einer einfachen
geraden Nahtanordnung weichen musste. Das
einfarbige Vorderrad-Schutzblech wurde
zweifarbig, lebte aber in dieser Form bei der
750er wieder auf. Der Heckbürzel blieb
mattschwarz. Interessanterweise wurde in
der Serie der charakteristischen Dreh-Benzinhahn,
der hier fehlt, vom ersten Entwurf der ED-1
übernommen. |
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In Japan fanden die, von den
target-Designern geformten Katanas Anfang der
80er unglaublich viel Beifall. Asamo Hiroshi,
Chef-Stylist in Hamamatsu unterstützte das
deutsche Team eifrig bei der Schaffung der neuen
Modelle und kreierte 1981 selbst eine aufregende
Mini-Interpretation der Katana-Idee - die GSX
400 F, die jedoch nie das stolze Schwert-Zeichen
tragen durfte und so von manchen nicht als echte
Katana gehandelt wurde. Dabei hatte es die
kleine Turbine faustdick hinter den Ohren. |
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In der Literatur wird übrigens Hans A. Muth, der target
DESIGN bereits 1980 verließ, oft als der geistige Vater der
Katana-Linie genannt. Tatsache ist, dass er seinerzeit
von Manfred Becker (Suzuki, Deutschland) die Aufträge
erhalten hat und für die wirtschaftliche Abwicklung und
den Kontakt nach außen zuständig war. Die Skizzen (oben) verraten, dass Jan Fellstrom
gemeinsam mit Hans-Georg Kasten einen großen
Anteil an der gestalterischen Entwicklung hatten und dass es damit eher
eine Leistung des gesamten Teams war. Doch das sind
Dinge, die uns Katana-Liebhaber nur am Rande
interessieren. Wahr ist, das target DESIGN eine neue
Stufe der Individualität schuf, die uns bis heute in
zwei emotionale Lager spaltet: Ablehnung oder Euphorie -
aber auch das macht Motorradfahren und -besitzen aus.
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Damit ist die Katana-Story
aber noch lange nicht zu Ende.
1983 erschien eine
zweite Version der großen Baureihe, die mit der
technischen Entwicklung mithalten sollte. Sie hat immer noch die aufregenden Linien der Urversion
besessen, wirkte aber durch Verwendung von
16"-Rädern vorne und 17"-Rädern hinten
gestreckter.
Der Motor war auf dem neuesten Stand und erstarkte um ein paar PS. Man erkennt
ihn an der schwarzen Lackierung und den schwarzen
verrippten Nockenwellendeckeln. |
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Überhaupt die Farbgebung: Silber
und feuerrot bzw. blau abgesetzte Streifen, dazu die
passende Sitzbank - was für eine Schau!
Leider wurde diese Version nach Deutschland nach meiner Information
nicht offiziell importiert. Stattdessen wurden
Restbestände der ersten
Ausführung noch eine Weile weiter verkauft.
In den USA und Kanada bot man in dieser Zeit aus
steuerlichen Gründen übrigens eine kleinere Variante der großen Katana mit einem 1000 ccm
Motor an,
die GS 1000 SZ. |
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Klappnase - die GSX 750 SE Katana
III
1985 dachte man bei Suzuki an eine tief
greifendere Änderung. Es sollte ein
komplett neues Modell werden, das direkt in
Japan gezeichnet wurde, aber die Grundidee des
target-Teams in die Zukunft weiterführte.
Der Motor wurde durch die neue 16-Ventilversion
der GSX 750 ES ersetzt und lieferte jetzt über
90 PS. Das Fahrwerk mit einem Rahmen aus
Vierkant-Rohren bekam kleine Räder und wurde
durch ein Suzuki Full Floater System an der
Hinterhand sowie eine neue Vorderradgabel
ergänzt. Doch die offensichtlichste Änderung
war der, in die Verkleidung integrierte
Klappscheinwerfer, der die Katana-Linie
wirkungsvoll "schärfte". Der neu
kreierte Beiname unterstrich den hohen Anspruch,
den man sich setzte: Katana 750 - Aero Dynamics
Super Sports!
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Schade, dass die Mark III für
den japanischen Binnenmarkt gedacht war und nie
offiziell nach Europa kam, sondern nur als Grauimport.
Andererseits macht sie das hierzulande noch seltener und
wertvoller.
In Japan blieb auch nach dem Verschwinden der
Silberklinge in Europa, diese Spezies frisch und jung.
Es gab immer Katanas zu kaufen.
Und als sich in den
90ern die Retrobikes durchsetzen, schob man schnell
perfekt geklonte 250er und 400er Katanas nach, die besser in die
Versicherungsklassen passten. |
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Last Edition
Die schönen Samurai-Schwerter wurden erst im
Jahre 2000 aufgegeben. Suzuki lies die beste und
größte von 1980 nochmals als GSX
1100 SR auferstehen. |
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Sie war mit
einem modernen 1100er Motor ausgerüstet und
wurde als
"Last Edition" verkauft. Die
handverlesenen Stücke gingen in alle Welt und
auch in Europa sollen ein paar ihre Liebhaber
gefunden haben.
Der
Rest ging leer aus - wenigstens fast. Wer schnell
genug auf die japanische Website surfte, konnte sich
wenigstens einige atemberaubende Bilder herunterladen
und weiterträumen. |
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Ist
dies jetzt das Ende?
Vielleicht, aber ich bin gespannt, wann eine
revolutionäre Idee, wie die unserer begeisternden
Schwertkämpfer wieder aufgegriffen wird. |
Bilder: target
DESIGN, Suzuki
© Michael (22.05.07
) [Start]
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