Boomzeiten ohne Ende 

Nicht mehr zu bremsen
Die 70er Jahre hatten gut begonnen, die Japaner komplett vertreten und nicht mehr aufzuhalten. Mit jährlichen Zuwachsraten von über 200 Prozent begann ein Motorrad-Boom, wie ihn dieses Land kaum vorher gesehen hatte.
Die verblieben europäischen Hersteller standen fassungslos daneben. Weder BMW noch die italienische oder englische Motorradindustrie konnten dem etwas entgegensetzen. Man jammerte, sprach wieder von der "gelben Gefahr" und hätte doch besser zeitgemäße Motorräder bauen sollen.
1974 zog Honda nach Offenbach in die Sprendlinger Landstraße. Detlev Louis kündigte den Importeursvertrag und gründete 1976 in Frankfurt eine offizielle Kawasaki-Werksniederlassung, die heute in Friedrichsdorf ihren Sitz hat. 
Auf heftigen Druck des Mutterhauses in Japan verlagerte Fritz Röth 1976 den Sitz des Unternehmens von Hammelbach nach Heppenheim und gründete die "Suzuki Motor Deutschland". Die Liebe hatte jedoch bereits einen Knacks bekommen. Röth musste das Unternehmen verlassen und die Japaner suchten sich neue Partner. Die "Suzuki Motor Handels GmbH" gehörte zu je 50 Prozent Herrn de Crignis, einem Münchner Autohändler und dem niederländischen Suzuki Importeur. Ab 1977 wehte auch bei Suzuki ein frischer Wind.

Töpfchen und Deckelchen
Japanische
Motorräder hatten den Sprung vom Arme-Leute-Fahrzeug zum Sportgerät geschafft. Dabei kristallisierten sich schon früh feine Unterschiede heraus, die zum Teil noch heute bestehen - zumindest in vielen Köpfen.
Die breite Masse vom Einsteigerbike bis hin zur Oberklasse bediente der Marktführer Honda. Yamaha sprach mehr die vernünftigen Biker an. Na, so vernünftig es halt ging.  Nur ab und zu überraschte Yamaha mit trendigen Bikes, die gar nicht ins Vernunftimage passten.
Für die, die so richtig heizen wollten, gab es die Kawasaki-Granaten. Hier bekannte man sich aus vollem Herzen zum Dreh am Gasgriff. Dass die Z-Reihe schon früh einen Kultstatus erlangte, hängt sicher damit zusammen, dass man mit einer Kawa stets etwas Besonderes bewegte.
Und Suzuki? Wer fuhr eigentlich Suzies? Eigentlich Jedermann, denn die Leute aus Hamamatsu lieferten lange Zeit Brot-und-Butter-Maschinen mit Sportsgeist und gebremsten Sex-Appeal. Man bekam für wenig Kohle eine ganze Menge Technik. Die meisten Biker konnten sie sich leisten und daher wurden die Suzies manchmal gehässig auch "Arbeiter-Motorräder" genannt. Da musste etwas geschehen.

Suzuki verändert sich ... endlich!
Was tun gegen ein schwieriges Image? Der Schlüssel liegt in der Veränderung, doch damit hatten die Tradionalisten so ihre Schwierigkeiten. Wenn es nach denen gegangen wäre, würde man noch heute Zweitakter bauen. 
Der erste Schritt zur neuen Firma Suzuki wurde ihr aufgezwungen. Immer schärfere Gesetze zwangen - beinahe zu spät - zur Entwicklung von Viertakt-Motoren. Konnte das gut gehen?
Und wie gut das ging! Als 1976 die GS 400 und die GS 750 auf den Markt kamen, hatte man einen Riesencoup gelandet. Wunderschöne Linien, eine solide Technik und viel Leistung. Die GS 750 wurde sofort Beste in ihrer Klasse.
Von der Resonanz ermutigt, setzte man jedoch bei Suzuki auf die Devise Quantität statt Qualität. In den Folgejahren wurden per Baukastensystem über 60 Modelle auf den Markt geworfen. Damit verzettelten sich die Macher in der Deutschland-Zentrale, die mittlerweile nach München umgezogen war. 
Was fehlte, würde man heute sicher mit "scharfem Profil" bezeichnen und in den frühen 80ern rutschten die Suzuki-Mannen daher in eine echte Krise. 
Das Stammwerk musste reagieren und schickte ab 1984 ein frisches Management direkt aus Japan, zog wieder nach Heppenheim an der Bergstrasse um und scharte eine Stab engagierter Mitarbeiter um das "scharfe S". 
Der Erfolg rechtfertigt diese Entscheidung. Heute baut Suzuki faszinierende Motorräder, führt auch mal die Zulassungsstatistik an und hat für jeden Anspruch einen Pfeil im Köcher.

Doch wir, die Liebhaber der frühen GS-Modelle, vergessen nie das Geschenk, das man uns mit diesen wunderbaren Viertaktern machte. Bei uns gab es keine Krise. Wir verfielen mit Haut und Haar der GS und viele Aufrechte halten ihr bis heute die Treue.
Auch wenn der ein oder andere vielleicht schon mal nach diesen scharfen Bandit-Modellen schielt, die gute alte GS verkaufen? ... Niemals, denn im Schuppen, in der Garage oder im Wohnzimmer findet sich stets ein Plätzchen, wo man die GS unterstellen kann.
Ach ja, fahren kann man sie auch heute noch ganz prächtig.

Bild: Suzuki
© Michael (04.10.03 )    [Start]